Der größte öffentliche Raum

Der Kunstpreis Art 2.0 setzt auf das ­Potenzial des Internets

Wie jeder Hype produziert auch der um »Web 2.0« viel heiße Luft und hat doch einen wahren Kern. Statt passiver »User« des Internet zu sein, kann inzwischen jeder auch Autor bzw. Sender sein, sofern er über Zugang, Wissen und Fertigkeiten verfügt: eigene Bilder und Inhalte einstellen und die verfügbaren verändern, weiterverwenden, unterminieren.

Das Schlagwort Web 2.0 steht für diese »Demokratisierung« des Netz, die Auflösung der Trennung zwischen Amateuren und Profis, konkret zu erleben in »Second Life«, YouTube, der Fotoplattform flickr.com und unzähligen Blogs. Natürlich nutzen auch Künstler die neuen Möglichkeiten, oder anders: Das Web 2.0. ermöglicht und verändert die Kunst­produktion – und umgekehrt. Zu diesem Thema hat die Kölner Internet Union (KIU) 2007 einen Wettbewerb ausgeschrieben, um zwischen Kunst, Technologie- und Kommunikationsbranche eine Diskussion zu initi­ieren. Werke der acht nominierten Kölner Künstler sind im Mai in einer Ausstellung zu sehen.

»Web 2.0 oder, allgemeiner gesprochen, das Netz an sich hat das Potenzial, die Autonomie der Künstler zu fördern und zu stärken«, so Florian Kuhlmann, dessen Arbeiten zuletzt im Kölner Kunstraum Blast zu sehen waren. Er nutzt das Medium konsequent: Aus gefundenem Bildmaterial baut er wahnwitzig detailreiche Collagen, die als digitale Malereien von Produktionsbeginn bis zum Ergebnis das Netz nicht verlassen. Frei zum Download in high resolution – damit wirft er Copyright-Fragen auf, die auch das Rahmenprogramm aufgreift.
Die Ausstellung versammelt ganz unterschiedliche Ansätze. Während Stephan Brenns schöne Drahtprojektionen eher metaphorisch die Verbindung zu Web 2.0 schlagen, ist Christiane Lünskens Projekt ein interaktives Wech­selspiel zwischen Künstlerin, Bildern und Usern (www. 305to226.blogspot.com).

Maximilian Erbacher widmet sich installativ dem Thema »Community«, Oliver Held schlägt mit seiner Aktion »Cookie« eine Brücke zwischen Web und »First life«, inklusive der Option des produktiven Scheiterns: »Das Netz ist der größte öffentliche Raum mit den kürzesten Entfernungen. Ihn in Verbindung zu setzen mit den nicht virtuellen Gegebenheiten ist für mich das Feld, wo sich ›Kunst im öffentlichen Raum‹ abspielen muss.«

Die KIU will den Kunstpreis künftig jedes Jahr vergeben. Er könnte sich zur interessanten Plattform entwickeln, denn die »Demokratisierung der Sendeanlagen«, meint Florian Kuhlmann, hat erst begonnen: »Welche Auswirkungen das auf die Kulturindustrie hat ist eigentlich noch nicht absehbar.«



Ausstellung: 15.5. bis 30.5., sym.net, Hansaring 78, Mo-Fr 11-18, Sa 14-18,
So 11-16 Uhr, Eröffnung 15.5., 19 Uhr,
Finissage + Preisverleihung 30.5., 19 Uhr.