Watchdog

Die neue Studie zum bundesdeutschen TV-Konsum ist da! Überraschungen dabei? Keine. Nahezu unverändert 211 Minuten schaute jeder bundesdeutsche TV-Zuschauer ab drei Jahren im ersten Halbjahr 2008 täglich fern. Am liebsten Altbekanntes. Neben Fußball laufen Casting-Shows weiterhin so gut wie »Wetten, dass?!«, »Wer wird Millionär?« und mancher »Tatort«. Neue Formate hingegen verschwinden gerne, bevor man sie auch nur einmal eingeschaltet hat ... Bruce Darnell scheiterte in der ARD genau so wie seine Nachfolger und deren Nachfolger. Niels Rufs Anwalts-Comedy »Herzog« wurde von RTL bereits nach drei Folgen abgesetzt. Zu wenig Zuschauer. Wenn auch mehr als Margarethe Schreinemakers mit ihrer Call-In-Show »Schreinemakers 01805 – 100 232«. Aber das ist nicht ­weiter schwierig, hat Schreinemakers bei dem Gerade-noch-Sender 9 Live gar keinen Zuschauer. Die Reaktion der Sender überrascht nicht: Was gut läuft, wird wieder und wieder variiert und reproduziert mit sogenannten Me-too-Formaten. Klappt aber auch nicht immer, denn wer möch­te schon bei ProSieben »Alles außer Sex« sehen, wenn er zuvor »Sex and the City« gesehen hat?

Inzwischen weiß auch das Fernse­hen nur zu genau, was der Fan am liebsten sieht: Fans! Die Rahmenberichterstattung zur Fußball-EM stand im Zeichen des Wir-zeigen-feiernden-Fans-Fans-beim-Feiern. Feste Bestandteile waren Schalten gleich nach Abpfiff an sogenannte Orte des Geschehens. Da standen arme altgediente Polit-Korrespondenten in einer sorgfältig zusammengestellten Traube von Trikotträgern in Bars oder auf Plätzen in Istanbul, Amsterdam oder Madrid, die stets mit leichter Verzögerung auf Handzeichen des Kameramanns hin in »unbeschreib­lichen Jubel« ausbrachen. Auch in den Stadien war selbst der ­niedergeschlagenste Fan wieder putz­munter, sobald er sich und seine Clique auf den Screens entdeckte. Und das ZDF spielte von vornherein Stadion und simulierte um Johannes B., Urs und Kloppo eine Südkurve für Daheim- und Zurückgebliebene. Hauptsache Fei­ern heißt das Klassenziel, egal was! Karneval, Katholikentag, Koma-Saufen, oder wie im Juni halt irgendein Fußballfest. Wie wurscht der Anlass ist, war schön bei der Heimkehr unserer Vizemeister in Berlin zu erleben. Live in ARD und ZDF wurden die ­Spieler von einem Einheizer angekündigt: »Zuerst die Torleute – mit der Nummer eins: Jens …« Und Hundertausende antworteten völlig korrekt: »LEHMANN!«. Doch dann die große ahnungsfreie ­Stille. Einheizer: »Und mit der Nummer zwölf: Robert…« Und Hundertausende: »...?«

Immer wieder ein Riesenspaß für Juristen und die Justitiare der Fernsehsender: Das Zitatrecht. Stefan Raabs ProSieben-Show lebt seit Jahren erfolgreich davon Patzer aus Sendungen der Mit­bewerber zu präsentieren. Mit den ARD-Anstalten und den Sendern der RTL-Gruppe gibt es dazu Vereinbarungen und auch eine Pauschale, die von der Kölner Produktionsfirma Brainpool für die Verwendung gezahlt wird. Jetzt verlangt allerdings der NDR den korrekten Minutenpreis für jede von Raab verwendete NDR-Sequenz. Doch da kommt das ­Zitatrecht ins Spiel, denn sobald Raab die gezeigten Szenen satirisch aufbereitet oder ironisch kommentiert, entsteht ein eigenes Werk, für das eigentlich nichts gezahlt werden muss. Jetzt sollen Gerichte klären, ob Raab nur fremde Werke verwendet oder eigene schafft. Brainpool hat den Richtern zur Klärung 309 (!) Ausschnitte vorgelegt, in denen Raab NDR-Beiträge verwendet. Das kann heiter werden für die Juristen.