Die vermittelte Stadt

Urbanismusdebatte und zehn Jahre »plan«: Eine Bilanz

zum Jubiläum des Forum aktueller Architektur in Köln

Der harte Kurs bürokratischer Stadtplanung aus der Vogelperspektive ist vorüber. Eine Stadt will vermittelt werden. Ein Agent dieser Vermittlungsarbeit ist die Initiative »plan – Forum aktueller Architektur in Köln«, die sich zum zehnten mal in ihrer alljährlichen Veranstaltungsreihe zu erkennen gibt. Nicht imageträchtige Großprojekte, vielmehr die Offenlegung und Mitgestaltung der Vermittlungsstrukturen sind wesentliches Ziel der von Sabine Voggenreiter und Kay von Keitz gegründeten Initiative: »Früher war die Architektur so eine ›heilige Kuh‹, vor allem für Menschen mit viel Geld. Jetzt ist es eher so, dass Architektur vielfach an partizipative Prozesse angeschlossen ist: Menschen, die in ihr leben, können und wollen immer mehr an ihrer Ausgestaltung teilhaben.«

Über die Jahre hinweg konnte »plan« interdisziplinär angelegte Diskussionen um Architektur und Städtebau – über die Stadtgrenzen hinaus – mitgestalten und auf immer mehr Köpfe verteilen. Das Spektrum der Architekturtage reich­te von der Modellerarbeitung für selbstorganisiertes Wohnen über die Erstellung alterna­tiver Ent­würfe zur Platzbebauung (Ebertplatz) bis hin zum Eingreifen in brisante Diskussionen (Kölner Zentralmoschee). In ähnlicher Form gibt es mittlerweile auch in anderen Städten Initiativen und Netzwerke, die helfen, dem abgehobenen Architekturdiskurs seine postmodernen Flügel zu stutzen.

Die »Krise der Stadt«

Der Ansatz der Initiative »plan« ist kaum ohne die Vorgeschichte zu verstehen. Blickt man zurück, zeigt sich, wie in Köln und andern­orts die Stadtplaner erst von der sich seit den 60er Jahren abzeichnenden »Krise der Stadt« (die Ver­lagerung ganzer Industrie­zweige und konsumstarker Haushalte in suburbane Gebiete) zum »Umden­ken« gezwungen wurden. Mit Geld und Recht allein ließ sich kaum noch der grobschlächtige Städtebau der Nachkriegszeit fort­setzen. Neue Partnerschaften mit privatem Kapital wurden eingegangen (Public Private Partnership), verstärkt PR-Agenturen ein­ge­setzt, »weiche« Standortfak­­to­ren anvisiert, das Feld der Stadt nach der Projekt- und Eventlogik kulturell und sicherheitspolitisch bestellt und zuweilen auf die bereitwillige Zutat der Stadtinsassen gesetzt.

Seither treffen wachsende Mit­bestimmungswünsche von unten auf von oben zugestandene Beteili­gungsspielräume. Und es ist als Zu­gewinn zu werten, dass immer mehr vom Städtebau betroffene Menschen zu »plan« kommen, sich einbringen und die Entwicklung der Stadt nicht mehr als etwas betrachten, das ihnen von außen nur angetan wird. Voggenreiter und von Keitz sehen aber durchaus, dass wuselige Mitbestimmung und allgemeine Popularisierung von Architektur nicht darüber hin­wegtäuschen sollten, wie Mega­investoren einzelne Stadtteile oder gar ganze Städte weiterhin über die meisten Köpfe hinweg vorprägen. Die zehnte »plan«-Ausgabe wird deshalb auch zum Anlass genommen, die vielfältigen bisher eingeschlagenen Formen der Vermittlung und ihre Grenzen zu resümieren.

Neue Ansätze der Stadtplanung

Wie immer lenkt schon die Auswahl des wandernden »plan«-Meetingpoints die Aufmerksamkeit auf eine interessante architektonische Situation: Als Ausstellungs- und Veranstaltungszentrum dient diesmal das VHS-Gebäude am Neumarkt und direkt daneben ein von Gernot Schulz entworfe­ner Ausstellungskubus auf dem Josef-Haubrich-Hof. In über fünf­zig Ausstellungen, Installationen, Filmbeiträgen, Workshops und Stadt-Touren wird »plan08« thematisch den Schwerpunkt des letzten Jahres »Urbanismus« fort­führen. Denn durch ein neues Wachstums von Arbeitsplätzen und den gleichzeitigen Rückgang der Abwanderungen ins Umland eingeleitet, führt die »Renaissance der Stadt« zu Problemlagen, die auch »plan« vor neue Herausforderungen stellt. So gilt es unter anderem zu erarbeiten, wie sich Städte im weltweiten Zerrspiel zwischen Wachstum, Schrumpfung und sozialer Benachteiligung auf demokratische und ökologi­sche Weise noch anders entwickeln können. So geht zum Beispiel das eingeladene Netzwerk für klimaschonende Stadterneuerung »Zero Emission City« in seinem Workshop von der Annah­me aus, dass es möglich sei, CO2-neutrale Städte zu errichten.

Das JAS-Team (Jugend Architektur Stadt) versucht hingegen, Jugendlichen ein Rüstzeug zu ­geben, das helfen soll, verstärkt Einfluss auf die Qualität ihrer Lebensumgebung in der Stadt zu nehmen. Bleibt zu wünschen, dass sie zu einer Generation angehören werden, die dem Albtraum der Gated Communities (Gereonsviertel) und Gentrifizierung nachhaltig entgegenwirken kann.