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Jetzt also auch er: Krimiveteran Robert Brack, Hausautor des »Tannöd«-Erfolgsverlages Edition Nautilus, ist ins lukrative Geschäft mit dem Geschichtskrimi eingestiegen. In »Und das Meer gab seine Toten wieder« spürt er den 30er Jahren nach, als zwei Mitarbeiterinnen der Hamburger »Weiblichen Kriminalpolizei« tot auf der Insel Pellworm aufgefunden wurden. Ein Fall, der bis heute nicht aufgeklärt ist. Beziehungswiese: Aufgeklärt war. Denn Robert Brack hat im Rahmen seiner Arbeit an der fiktiven Geschichte reale historische Recherchen angestellt, das ist das Besondere an seinem Roman. Das Ergebnis: Ein zeitgeschichtlicher Kriminalroman mit dem Impetus des Faktischen.

Geschichte und Kriminal­roman, das ist ein Widerspruch – allen pseudo-kriminalliterarischen Historienschinken des Buchmarktes zum Trotz. Der Krimi als literarisches Medium des (nach-)industriellen
Zeitalters ist eigentlich dem Gegenwärtigen der sozialen Realität verpflichtet, und zwar mit einem Blick nach vorne, auf die Auflösung der Geschichte hin. Mit einem Krimi vergangene Zeiten aufleben zu lassen, zumal solche, in denen es keine ­Polizisten und Detektive gab, widerspricht eigentlich prinzipiell dem Geist des Genres.

Aber Krimi funktioniert als die Erzählform der Gegenwart manchmal so gut, dass er diesen Widerspruch aushält. Dieses Paradoxon zeigt sich nirgendwo besser als bei dem Kubaner Leonardo Padura. Zum Beispiel in »Die Nebel von gestern«. Ganz im Sinne Brechtscher Verfremdungseffekte versucht Padura erst gar nicht, das ganz offensichtlich Gemachte, Konstruierte seines in der jüngeren kubanischen Vergangenheit handelnden Krimiplots zu verbergen – und glänzt auf dieser Basis dank seiner poetischen Kraft umso mehr. Das Ergeb­nis: Schlechte Kriminalliteratur, aber ein verdammt guter Historienkrimi.