Karneval der Untiere

Selten wurde die Verführungskunst der amerikanischen Alltagskultur so bestechend vorgeführt wie im ersten »Hellboy«-Film. Da schlüpft ein kleines Teufelsbalg durch die Höllenpforte, um den Nazis den Endsieg zu bringen, und lässt sich dann durch einen simplen Schokoriegel auf die Seite der Alliierten locken. Im zweiten Teil spielt dieselbe Melodie: Im Knabenalter ist der Beelzebub einfach nicht vom Fernseher wegzubekommen, und als zu stattlicher Größe herangewachsener Spezialagent einer geheimen FBI-Abteilung spült er den Arbeitsfrust am liebsten mit Dosenbier und Rock’n’Roll herunter.

Nirgendwo anders als in einem Superhelden-Comic – dem amerikanischsten Kulturexport von allen – hätte die »Hellboy«-Figur das Licht der Welt erblicken können. Auch die Beförderung zum Actionfilm passt in die Reihe; dass Guillermo del Toro seine spektakuläre Fortsetzung im Geist des europäischen Autorenfilms angeht, dagegen eher nicht. In der gesamten »Herr der Ringe«-Trilogie tummeln sich nicht so viele groteske Kreaturen, vor allem aber greift del Toro für seine Erfindungen gerne auf klassische Tricktechniken zurück. Die Vorgeschichte der neuen »Hellboy«-Fabel wird sogar als altmodische Puppenanimation erzählt: Einst schufen Elfen eine Armee seelenloser Kampfmaschinen, um sich der An-griffe der Menschen zu erwehren, nach Jahrtausenden des Friedens will ein über die menschliche Herrschaft empörter Elfe sie wieder aktivieren.

In beiden »Hellboy«-Filmen zeigt sich der Schöpfer von »Pans Labyrinth« von seiner verspielten Seite und verleiht seinen Figuren die im apokalyptischen Actiongenre nicht gerade weit verbreitete Gabe der Ironie. Allerdings würde man sich wünschen, dass Guillermo del Toro seinen menschlichen Helden (zählen wir Teufel und Elfen einfach mal dazu) genau so viel Hingabe widmen würde, wie seinen beinahe schon zum Markenzeichen gewordenen Bewohnern der Unterwelt. Nichts ge­gen die kleinen gefräßigen Zahn­feen, die gleich zu Beginn einige Dutzend Kunstsammler zu Matsch verarbeiten, nichts gegen die fantastischen Geschöpfe des Trollmarkts, den Steinriesen oder den aus nichts als spiritistischem Nebel bestehenden Preußen Dr. Johann Kraus. Doch können all diese herrlichen Kreaturen nicht darüber hinwegtäuschen, dass einen die melodramatischen Liebesgeschichten des Films nicht halb so rühren können wie der Tod eines riesigen Waldgeists auf den Straßen von New York.

Hellboy – Die goldene Armee (Hellboy II: The Golden Army) USA 08, R: Guillermo Del Toro, D: Ron Perlman, Selma Blair, Doug Jones, 120 Min. Start: 16.10.