Schwarzlicht

Was ist eigentlich Kriminalliteratur? Thomas Wörtche hinterfragt und sprengt gängige Kategorien der Rezeption von Kriminalliteratur, um statt unzutreffender Formalismen dynamische Näherungen zu wagen, und all das auf engstem, auf knappstem Raum: Reduced to the max. So könnte eine Hommage an den Literaturwissenschaftler Thomas Wörtche (in der Krimiszene: TW) enden, der in seinem Buch »Das Mörderische neben dem Leben« ein gutes Dutzend seiner allerorten verstreuten, zum Teil bislang kaum zugänglichen Texte, Vorträge, Manuskripte zwischen zwei Buchdeckel hat pressen lassen. Zentrale Thesen und Momente im Schaffen dieses wichtigsten deutschen Krimi-Theoretikers werden so im Kontext sichtbar, und das Ergebnis ist in der Quersumme nicht weniger als ein Baukasten einer Theorie der facettenreichen Kriminalliteratur.

Möchte man sich dem – nicht exakt bestimmbaren – Wesen der Kriminalliteratur annähern, führen starre Schritte nicht weit, muss man sich dem Mäandernden, dem Oszillierenden, dem Amphibischen anvertrauen, wozu es ein Höchstmaß an geistiger Frische und Flexibilität braucht. Auch davon zeugt sein Buch: Inhaltlich wie formal ist eine Theorie der Kriminalliteratur eine, die eigentlich noch keine ist, weil sie sich nur aus der Summe ihrer Ansätze ergibt. Mit einem Wort: Eine fundierte Improvisation. Darüber hinaus bietet das Buch aber auch Substantielles wie Erhellendes zum Nachlesen und Kennenlernen: Über Simenon, Chester Himes, Ambler, Gobal Crime, die metro-Reihe, Gewalt in der Musik, das Lachen der Krimileser, den Zufall und die Ermittlungen... Fehlt noch was? Ach ja, der Anfang dieser Verbeugung. Zum Beispiel: »Das Mörderische neben dem Leben« ist da. Endlich wieder ein Buch, das man lesen MUSS!