Foto: freies rheinland e.v.

Experimenteller Tanz in der Reihe »Grenzgänger«

»Experiment« ist die wohl am häufigsten missbrauchte Etikettierung für viele neue Bühnenproduktionen. Meist wird der Langmut des Publikums strapaziert mit Werkstatt-Einblicken, Work-in-Progress-Präsentationen und ähn­lich Un­fertigem. Dabei sollte man als Zuschauer ein Anrecht auf Ergebnisse, statt Experimente haben – außer das Versuchslabor bringt tatsächlich so etwas wie »Avantgarde« hervor, den Ansatz einer Innovation.

Im Kölner Tanz- und Performance-Sektor spürte man in den letzten Jahren diese Art von Möglichkeitskunst, das Herantasten an, vielleicht, zukünftige Ästhetiken in der Galerie Rachel Haferkamp, einem kleinen Kunstraum auf dem Eigelstein, der inzwischen von Michael Staab unter dem Namen Projektatelier Staab betrieben wird. Hier begegneten sich – kuratiert von Georg Dietzler – in der Reihe »Grenzgänger« Tanz und Neue Musik in Kleinstperformances.

Der einstige Geheimtipp nutzt mittlerweile auch größere Räume. Die aktuelle »Grenzgänger«-Aus­gabe präsentiert die mal fragilen, mal extremen Klang-Performance-Recherchen hauptsächlich in der Alten Feuerwache. Es geht um »improvisierten Tanz zu Musikmaschinen und Klangrobo­tern«, wie der Kurator ankündigt. Beispiel »endZeitlos«: eine Produktion der in Berlin lebenden Radikalperformerin Fine Kwiatkowski mit dem Computervisualisten und Musiker Willehad Grafenhorst. Gemeinsam untersuchen und attackieren sie das Zeitempfinden, be- und entschleunigen Abläufe, verwirren Chronologien.

Den Dialog von Tanz und Technik sucht auch die Hauptstadtformation LaborGras mit ihrer Arbeit »Recycling«, einem »Stück für Tänzer und einen Apparat«, in der ein Roboter auf drei Tänzer trifft, die Unberechenbarkeit menschlicher Bewegung mit der Beschränktheit mechanischen Kalküls kollidiert. Insgesamt drei neue Arbeiten stellt »Grenzgänger« Ende November und Anfang Dezember vor. Ein tatsächlich viel versprechendes Experiment in Sachen menschlich-tänzerischer und künstlicher Intelligenz.