GrotteNorks unter Urzeitstuck

Fabiane Kemmann auf dem Weg in den oberbergischen Untergrund

Wer heutzutage keine Villa hat und dafür mal einen Blick in prähistorische Prachtunterkünfte werfen möchte, darf vor einer kleinen Reise nicht zurückschrecken. Über haarnadelkurvige Hügel und durch Täler, die nicht nur dörflich-idyllisch aussehen, sondern auch so riechen, führt die A4 den Ausflügler bis zur Ausfahrt Wiehl. Oder er landet nach einstündiger Fahrt mit dem Gummersbach-Express im nahe gelegenen Dieringhausen. Dann ist Wiehl mit dem Bus erreichbar, nur noch wenige Kilometer bis zum Ausgangsparkplatz mitten im Wald. Erste Höhlenschwingungen bietet der Tunnel auf dem Weg vom Auto zu den unterirdischen Gewölben.

Selbst der Ort heißt »Tropfsteinhöhle«

An dessen Ausgang ist bereits alles auf Grotte eingestellt: Die Bushaltestelle, der Kiosk, alles ist hier nach der Untergrundattraktion benannt. Selbst der kleine Ort heißt scheinbar nicht Pfaffenberg, wie die Einwohner denken, sondern schlicht »Tropfsteinhöhle«. Das steht zumindest auf den grün-gelben Schildern am Straßenrand. Führung ins Innere des Berges ist im Winter samstags und sonntags von elf bis vier. Um nicht draußen warten zu müssen, kann ins benachbarte Waldhotel Hartmann eingekehrt werden. Wenn allerdings die Umstände unglücklich sind, weil die Bedienung neu und zerstreut ist und der Chef das mit Kunde und König vergessen hat, kostet ein Kaffee für Zwei plötzlich unglaubliche acht Euro und ist koffeinfrei. Das kann strahlende Sonntagslaunen bekleckern.

Schokoladenpudding mit Vanillesoße

Die Wartezeit ist trotzdem vorbei, es geht in die Luxusgrotte hinab. Kies knirscht unter den Füßen der kleinen Gruppe, die im gedämpften Elektrolicht Ahs und Ohs von sich gibt. Ein kleines Mädchen macht große Augen, Mama und Papa lächeln, folgen Taschenlampe und Filzjägerhut des Höhlenexperten. Der zeigt auf Kalkgebilde, die das tropfende Wasser in Jahrmillionen geformt hat und sagt: »Das ist der kleine Elefant, hier, Schneckenhaus und Weintrauben, Schokoladenpudding mit Vanillesoße, da die Drachenburg.« Mit kaffeebekleckerter Laune sieht das nicht danach aus. Stehende Stalagmiten sind Stalagmiten, bleiben Stalagmiten. Hängende Stalagtiten genauso. Im Schummerlicht sehen sie mit viel Einbildungsvermögen allenfalls wie Aliens aus. Oder Orks oder Specie-Monster. Der Experte in Sachen Fantasieobjekte sieht Zwerg Nase und Haifischzähne. Aber irgendwie haben die schwach erleuchteten Gänge doch etwas. Kalkknubbelig, weiße Quarzadern, verwinkelt herunterhängende Felsen, knorpelige Gebilde und das stete Klopfen der Tropfsteintropfen.

Von versteinerten Korallen zur alten Postkutsche

Am Wunschsee ein nächster Halt. Kristallklar und eiskalt liegt er kurz vor dem tiefsten Punkt der Höhle, dreißig Meter unter der Erdoberfläche, und verzaubert letzte Kaffeegeschädigte. Jetzt hüpft die Taschenlampe zu schnell an den wundersamen Gebilden entlang, man wünscht sich mehr Zeit, die eigene Fantasie spielen zu lassen. Doch weiter geht es zu versteinerten Korallen und Muscheln, die daran erinnern, dass sich auch diese Breiten mal tropischer Temperaturen erfreuten, durch »Siegfriedhalle« und »Teufelsschlucht« zur »blauen Grotte« und zuletzt in die »Räucherkammer«. Nach einer halben Stunde sticht die Ausflügler Tageslicht, Fantasiespiele mit dem Urzeitstuck enden abrupt. Doch das Attraktionsangebot in Wiehl scheint schier unerschöpflich. Nostalgiker können in einer Postkutsche, auf deren Bock ein »Postillion in historischer Uniform Signale bläst«, durch die Gegend fahren. Wer darauf nicht steht, findet nahe »Tropfsteinhöhle«, »Waldlehrpfad« und »Wildgehege«. Unspektakuläre »das ist ein Wald und diese Fichten gibt es« – Aufzählungen interessieren kaum, aber zumindest können die anwesenden Hirsche und Wildschweine gestreichelt und dabei Sonne getankt werden, bevor die Reise weitergeht, um woanders einen heißen, leckeren Kaffee zu trinken.

Bus und Bahn
Stadt Express (RB 25 ) Köln Hbf – Gummersbach, Verbindung stündlich, Haltestelle Dieringhausen
Buslinie 302 Marienheide –
Waldbröl, Verbindung stündlich, Haltestelle »Tropfsteinhöhle«
(Fahrplan unter: www.vrsinfo.de)
Buslinie 32 (Schnellbus)
Gummersbach – Dieringhausen – Wiehl – Waldbröl
Buslinie 305 Köln – Much – Wiehl
PKW
Autobahn Köln – Olpe (A4), Ausfahrten Gummersbach / Wiehl und Wiehl-Bielstein / Drabenderhöhe
Autobahn Köln – Frankfurt (A3), Ausfahrt Siegburg / Troisdorf / B 56 in Richtung Much / Wiehl.
In Wiehl der Ausschilderung Wiehlpark / Tropfsteinhöhle folgen.
Infos
Verkehrsamt Wiehl,
Telefon: 0 22 62 / 9 91 95
E-mail: touristinfo@wiehl.de
www.wiehl.de
Tropfsteinhöhle
Öffnungszeiten:
1.11. - 14.3.,
Sa u. So 11-16 Uhr;
15.3. - 31. 10.,
täglich 9-17 Uhr.