Schwarzlicht

Der Sinn der Serie ist die Serie ... ist die Serie ... ist die Serie... Das erfahren Krimikonsumenten momentan ganz genau: Die Serie regiert den Markt komplett. Das Ergebnis: Overkill. Unter zehn Bänden setzt heutzutage kein Kriminalschriftsteller mehr einen Fuß vor die Tür zur Marktöffentlichkeit. Die Serie im Schwedenmaß gehört zum guten Ton, und zwar zuvorderst aus ganz banal betriebswirtschaftlichen Gründen. Ein Figurenarsenal zehn Mal auszuschlachten, ist neun Mal aufwandslos zusätzlich verdient. Oder so.

Was allerdings nur so lange gut gehen kann, bis die Inflation heran rollt. Und das ist der Zustand, den Krimifans derzeit erleben: Kunsthandwerkliche Durchschnittstoffe, die sich nur in Nuancen unterscheiden und tendenziell von Woche zu Woche einfallsloser scheinen, verstopfen den Markt derartig, dass man die wirklich guten Stoffe in all dem sich verdichtenden Nebel des Mediokren kaum mehr ausmachen kann. Das Problem der Serie ist die Serie ... ist die Serie ... ist die Serie ...
Weil jede Regel ihre Ausnahme braucht, Ausnahmen in Zeiten des Krimikapitalismus eigentlich aber nicht drin sind, ist der beste Krimi des Sommers ein Paradoxon, also ein schlechter: »Kalter Verrat« von Reggie Nadelson. Die Dokumentarfilmerin und Journalistin erzählt ihre New Yorker Kriminalfälle aus Sicht des aus der ehemaligen UdSSR stammenden jüdischen Polizisten Artie Cohen. Ihre Themen sind einerseits das Zusammenleben der verschiedenen ethnischen Gruppen (besonders der Russen und Italiener) – andererseits die Nachwirkungen des 11. September. Beides gelingt so brillant, dass man der Autorin glatt verzeiht, dass sie im Grunde genommen keinen neuen Plot erzählt, sondern – im Grunde einfallslos – einige ältere Stränge der Artie-Cohen-Serie ein klein wenig weiterspinnt.