»Ein Haus, von dem wir träumen«

Elf Jahre von der Idee bis zur Ausführung – mit dem neuen Comedia Theater hat Köln ­endlich ein großes Haus für Kinder- und Jugendkultur. Die alte Comedia ist innerhalb ­der Südstadt umgezogen, um in der ehemaligen Feuerwache Süd und einem kubistischen Neuanbau in eine andere Ära zu

starten. ­Susanne Finken hat mit Jutta M. Staerk, der ­künstlerischen Leiterin, und Geschäftsführer Klaus Schweizer über die neuen ­Möglichkeiten gesprochen – nicht nur für das Kindertheater.

 

StadtRevue: Frau Staerk, Herr Schweizer, wie sieht die Konzeption für Ihr neues Haus an der Vondelstraße aus?

Klaus Schweizer: Köln hat im Gegensatz zu anderen deutschen Städten kein kommunales Kinder- und Jugendtheater. Diese Funktion erfüllt nun das neue Comedia Theater. Das Konzept des Kinderkulturhauses steht auf folgenden Säulen: künstlerische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, Kooperation mit anderen Genres sowie Export unserer Produktio­nen. Wir wollen ein ästhetisch und inhaltlich ernsthaft betriebenes Forum bieten.

Sie sagen »Kinderkulturhaus«, und auch während der Planungs- und Bauphase fiel der Begriff häufig. Stattdessen lese ich auf den aktuellen Spiel­plänen aber »Comedia Theater« ...

Jutta M. Staerk: Kinderkulturhaus ist der Unter­­titel, Comedia Theater ist der richtige Begriff. Er fasst alle Bereiche zusammen. Der Neubeginn sollte auch in der Bezeichnung sichtbar werden. Deshalb haben wir auch den Namen des Kinder- und Jugendtheaters in der alten Comedia, »Ömmes und Oimel«, verabschiedet.

Klaus Schweizer: Der Name war für Jugendliche absolut unattraktiv.

Jutta M. Staerk: Mit dem Namen machen wir sichtbar, dass wir neue Wege gehen. Wir haben ja auch ein neues Logo bekommen und unsere Werbematerialien neugestaltet. Die Erwachsenen- und die Kinder- und Jugend­sparte bilden zusammen ein Haus und haben einen gemeinsamen Auftritt.

Erwachsenensparte heißt abendliches Kabarett­programm wie bislang an der Löwengasse?

Schweizer: Ja, die Kabarettsparte wird ausgebaut. Wir wollen aber auch Theater für junge Erwachsene anbieten und sind im Gespräch mit der Freihandelszone und dem a.tonal-theater. Wir wären gerne Aufführungsort beim Festival Globalize Cologne. Allerdings wissen wir nicht, ob wir das bereits ab 2010 schaffen. Wir denken auch an das wichtigste deutsche Offtheater-Festival Impulse.

Ansonsten gilt aber, dass Erwachsenen-, Kinder- und Jugendsparte weiterhin nebeneinander herlaufen?

Schweizer: Nicht nur. Die Überschüsse, die wir mit dem Kabarett erwirtschaften, dienen zur Quersubventionierung der Kinder- und Jugendsparte. Die Kabarettisten, die bei uns auftreten, haben beispielsweise unsere Idee »Tickets für Kurze« sehr unterstützt. Damit ermöglichen wir Theaterbesuche für ­Kinder, die sich das sonst nicht leisten könnten. Wir wollen, dass das Kabarett sehr genau wahrnimmt, was wir im Kinderbereich ­machen.

Wer ist für das Kabarett verantwortlich?

Schweizer: Darum kümmert sich seit 25 Jahren Uschi Siedler. Comedia, das ist politisches Wortkabarett auf hohem Niveau. Gelegentlich, wie bei Ars Vitalis oder Nessi Tausendschön, auch Mischformen. Wir wollen weiterhin Newcomern eine Chance geben und natür­lich unser Profil nicht verwässern. Alte Bekannte wie Richard Rogler oder Volker Pispers bleiben uns treu. Andere, für die die Comedia zu klein war, kommen vielleicht wieder. Immerhin haben wir jetzt einen großen Saal mit 400 Plätzen.

Apropos: Welche Vorteile bietet das neue Haus denn?

Staerk: Es ist ein Haus, das alles hat, was wir uns erträumen. An der Löwengasse waren wir früher auf drei Orte verteilt, für Kostüm­anproben musste man zur Schneiderin nach Hause. Jetzt haben wir eine Probebühne, Büros, zwei Aufführungssäle. Der kleinere Saal ist gut für viele Kindertheater-Produktionen, wo eine Guckkastenbühne oft nicht die beste Lösung ist. Außerdem gibt es Werkstatt-Räume, in denen wir mit Kindern und Jugendlichen im Haus arbeiten können. Dazu kommen Lagerflächen und Werkstätten.

Schweizer: Wir können in Zukunft erstmals größere Stücke oder ausländische Gastspiele einladen. Wir haben mehr Technik und bis zu zehn Meter Bühnentiefe. Und es wird eine attraktive Gastronomie geben. Das Theater soll ein Ort sein, an dem man sich wohlfühlt, verweilt und miteinander redet.

Sie wollten eigentlich schon vor einem halben Jahr eröffnen ...

Schweizer: Wir haben den Zustand des Altbaus falsch eingeschätzt. Im Boden waren kontaminiertes Gestein, auslaufende Mauern. Und vier Jahre Leerstand haben dem Gebäude nicht gut getan. Auch die Bürokratie war sehr schwierig. Hätten wir Ende 2005 anfangen können zu bauen, hätten wir viel Geld gespart. Das Verfahren bei der Ausschreibung ist tödlich. Als wir den Bauantrag abgegeben haben, gab es noch keine städtische Behindertenbeauftragte. Als wir in der Bauphase waren, kamen dann ganz neue Anforderungen. Auch durch die Versammlungsstätten-Verordnung und deren neue Brandschutz-Auflagen. Jetzt ist der Bau dreißig Prozent teurer geworden.

Wer kommt für die Mehrkosten auf?

Schweizer: Wir haben bei der technischen Ausstattung gespart.

Staerk: Auch ein Foyer, gedacht als Forum, fällt weg, was ich sehr bedauere.

Schweizer: Außerdem haben wir mit Hilfe des Fördervereins Spenden gesammelt. Mit einem großen Batzen ist die Imhoff-Stiftung beteiligt, und die Stadt übernimmt einen Teil. Wir wollen uns nicht beklagen. So einen Bau macht man, Gott sei Dank!, nur einmal im Leben. Fairerweise muss man sagen, innerhalb von Stadt, Verwaltung, Politik gab es immer Leute, die den Weg mit uns gegangen sind.

Wie sieht Ihr Etat in Zukunft aus?

Schweizer: Ab 2011 brauchen wir einen Etat von 1,8 Millionen Euro jährlich. Davon müssen wir sechzig Prozent selbst erwirtschaften durch Eintritt, Spenden, Sponsoren. Unsere Einnahmen müssen noch steigen, damit wir unsere Vision inhaltlich umsetzen können. Wir wollen in die Europa-Liga!

Nun kommt erst mal der Neuanfang. Was wünschen sie sich dafür?

Staerk: Dass wir offen und neugierig wahrgenommen werden, und dass der Transfer vom alten zum neuen Haus gelingt. Natürlich soll die Eröffnungsproduktion gelingen. Umbau­ten, Licht und Bühne sind ja komplizierter. Langfristig hoffen wir auf ein internationales Festival, wollen ein festes Ensemble aufbauen und konstante, theaterpädagogische Arbeit bieten.
Schweizer: Wir wollen als neues Zentrum der Kunst auch von der hiesigen Szene akzeptiert werden. Wir kennen die Sorge der Kollegen, dass wir ihnen die Förderung wegnähmen. Das ist nicht unser Anliegen. Wenn hier sehr gutes Theater für Kinder und Jugend­liche läuft, nützt es der Szene. In Zeiten sinken­der Steuereinnahmen stehen Einsparungen im Kulturbereich ganz oben auf der Liste. Also müssen auch die Kinder- und Jugend­theater eine kulturpolitische Front bilden. Mit uns als Speerspitze wird das gelingen.