Mülliarden Verbrennungsanlage

Kräftig steigende Müllgebühren und damit auch steigende Wohnnebenkosten drohen. Ein Gastkommentar von Rainer Zinkel, Kölner Interessengemeinschaft Müllvermeidung statt Müllverbrennung (KIMM).

 

Obwohl es umweltfreundliche und kostengünstigere Alternativen zur Müllverbrennung gibt, halten SPD, CDU und FDP im Rat immer noch stur an längst überholten Beschlüssen zum Bau einer Müllverbrennungsanlage auf dem Gelände der Niehler Kaserne fest. Mehr als eine Milliarde Mark werden die KölnerInnen allein für den Bau der MVA aufbringen müssen. Eine stolze Summe, die von der Stadt Köln aus wahltaktischen Gründen auf unrealistische 790 Millionen runtergerechnet wurde.
Während sich in vielen anderen Städten die Träume der MVA-Lobby aus Umwelt- und Kostengründen nicht erfüllen, sitzen in Köln die Lobbyisten aus Wirtschaft uund Politik fest im Sattel. Wie lange noch? Vielen BürgerInnnen wird erst jetzt klar, dass ihr Geldbeutel ein erhebliches Verbrennungsopfer (in Höhe einer 13. Monatsmiete) leisten muss. Deswegen haben 40.000 GebührenzahlerInnen Widerspruch gegen den städtischen Abgabenbescheid eingelegt. Im Herbst diesen Jahres steht zudem das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren mit Bürgerbeteiligung an. Die Bürgerinitiativen haben dann die Möglichkeit, die Anlage wegen der gefährlichen Umweltauswirkungen noch auf juristischem Wege zu verhindern.

Umweltverträglichkeit ist lästige Formsache

Dass das Thema MVA nach 12-jähriger Planungszeit ausgerechnet im Superwahljahr immer noch nicht aus den Köpfen ist, ärgert die MVA-Parteien. Dass nach der Kommunalwahl wegen anderer Mehrheitsverhältnisse die MVA-Pläne doch noch gekippt werden könnten, wissen die MVA-Lobbyisten. Hektische Nervosität ist daher bei Planern und Behörden ausgebrochen. In Rekordzeit soll jetzt die Genehmigung der Anlage durchgepeitscht werden. Umweltverträglichkeitsprüfung und Bürgerbeteiligung werden nur noch als lästige Formsache betrachtet, trotz der schon brisanten Schadstoff-Vorbelastung im Kölner Norden und Leverkusen (Krebsrisiko heute schon 1:1000). Mit rund 450.000 Tonnen Kohlendioxid jährlich wird die Anlage zur weiteren Erderwärmung und Klimaveränderung ihr Scherflein beitragen. Eile und Hektik legen die Planer aber auch an den Tag, weil jetzt schon umweltfreundliche und kostengünstigere Technologien auf dem Markt sind. In spätestens drei Jahren wird keine Stadt mehr in eine MVA investieren wollen.
Müllverbrennungsanlagen haben sich in den letzten Jahren zu einem gigantischen Geschäft für private Entsorger, Anlagenhersteller, Energiekonzerne und Verpackungsindustrie entwickelt. Einerseits ist die Technik der MVA die teuerste Art der Müllentsorgung. Andererseits sorgt eine zunehmende Monopolbildung der großen Firmen auf dem Entsorgungsmarkt für weniger Wettbewerb. All dies treibt die Müllgebühren drastisch in die Höhe. Ein dreiköpfiger Haushalt, der bisher für eine 110-Liter-Tonne noch 279 Mark bezahlt, muss mit Steigerungen bis auf rund 1.000 Mark rechnen. Umweltfreundliche und kostengünstigere Alternativen zur Behandlung von Restmüll wie die Biologisch-Mechanische Abfallbehandlungsanlage(BMA) lehnt der Stadtrat leichtfertig ab und lässt sich dies von der stadtnahen Abfallverwertungsgesellschaft(AVG) begründen, deren private Gesellschafter an der MVA großes Interesse haben.

Verflechtung von Politik und Wirtschaft bestens organisiert

Von entscheidender Bedeutung ist auch, dass eine Entsorgungsfirma den Kölner Müllmarkt nahezu beherrscht. Die Firma Trienekens - Tochter der RWE Entsorgung - entsorgt Köln im Rahmen des Dualen Systems (DSD) und hat maßgebenden Einfluss als Mitgesellschafterin der AVG. Im Aufsichtsrat der AVG wiederum sitzen der Oberstadtdirektor und Stadtratspolitiker jeder politischen Couleur neben den privaten Gesellschaftern (Stadt mit 50,1 Prozent Anteil; Private Firmen mit 49,9 Prozent). Die Verflechtung zwischen Politik und Privatwirtschaft ist bestens organisiert. Die privatrechtlich organisierte AVG und deren private Gesellschatter haben maBgeblichen Einfluss auf die Höhe der Müllgebühren. Der Stadtrat, formal zuständig für die Festsetzung der Müllgebühren, wird es schon richten. Der Zugriff Privater auf die Müllgebühren - mit Billigung unserer gewählten Politikerlnnen - nimmt mittlerweile Züge modernen Raubrittertums an.