Endstation SPD

Vor fünfzig Jahren öffnete sich die Sozialdemokratie nach erregten Debatten mit dem Godesberger Programm zur Mitte. Bald kamen die Wahlerfolge. Willy Brandt und später Helmut Schmidt prägten das Bild der Volkspartei. Heute liegt die SPD am Boden und müht sich, den Mitgliedern den Dresdner Parteitag als geschärftes linkes Profil zu verkaufen. Da kommt das Buch von Jeanette Seiffert gerade richtig. In »Marsch durch die Institutionen? Die 68er in der SPD« untersucht die Kölner Journalistin und Historikerin den Einfluss und das Scheitern der 68er-Generation in der SPD.

Seiffert zeigt, wie die SPD zum Auffangbecken vieler 68er wurde, und analysiert deren Karrieren: Aus dem »Marsch durch die Institutionen« wurde ein »Marsch durch die SPD«, bei dem sich die radikaleren Kräfte entweder gegenseitig beharkten, anpassten oder auf weniger einflussreiche Ressorts wie Umwelt- oder Frauenpolitik auswichen.
Für das Buch hat Seiffert mit zahlreichen SPD-Protagonisten über parteiinterne Kämpfe gesprochen, unter anderem mit Anke Brunn, Hertha Däubler-Gmelin und Klaus-Uwe Benneter, der 1977 aus der Partei ausgeschlossen und dann von Schröder zurückgeholt wurde. Besonders interessant sind aber die Passagen, die sich mit 68 in Köln beschäftigen, z.B. die »KVB-Schlacht« von 1966, einem frühen und kurzen Höhepunkt der Proteste, oder dem Verhältnis der Studenten zu den Arbeitern, etwa bei Ford. Und so werden auch diejenigen, denen das Schicksal der SPD reichlich egal ist, Seifferts gut lesbare Analysen mit Gewinn lesen.

Jeanette Seiffert: Marsch durch die Institutionen? Die 68er in der SPD, Bouvier Verlag, Bonn 2009, 420 Seiten, 29,90 Euro.

StadtRevue verlost drei Exemplare des Buchs.
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