Mach’s noch einmal, Woody

Boris Yellnikoff – New Yorker, intellektueller Zyniker und ehemaliger Physik-Nobelpreis-Anwärter – verzieht sich nach einer gescheiterten Ehe und einem Selbstmordversuch in ein kleines Apartment in Greenwich Village, um dort seinem Pessimismus, Selbstmitleid und seinen angesammelten Neurosen freien Lauf zu lassen. Kurz: ein aus seiner Sicht glückliches Leben zu führen. Bis eines Tages die junge Ausreißerin Melody aus Mississippi an seine Tür klopft, um Essen und Unterkunft bittet – und fortan das Leben des Misanthropen gehörig durchein­ander bringt.

Boris ist nicht der Typ, der aus Mitleid seine Türen öffnet. Eher schon, weil Melody ihm mit ihrer Bettelei auf die Nerven geht. Der alte Griesgram ist eine typische Allen-Figur – stets nörgelnd und besserwisserisch. Und ein Hypochonder. Nachts schreckt er schweißgebadet und von Todesangst gequält aus dem Schlaf. Beim Händewaschen singt er zweimal Happy Birthday, weil er meint, so das richtige Timing für Keimfreiheit zu haben.
Früher hat Allen Rollen wie die des Boris mit Vorliebe selbst gespielt. Heute überlässt er das anderen – wie diesmal dem US-Komiker Larry David, bekannt als Darsteller, Autor und Produzent von Serien wie »Seinfeld« und »Curb Your Enthusiasm«. Nach drei filmischen Ausflügen nach London und einem Zwischenstopp in Barcelona ist Allen wieder in seiner Heimatstadt New York angekommen. Und damit bei dem Personal an Großstadtbewohnern, das er schon in Klassikern wie »Der Stadtneurotiker« oder »Manhattan« vorgestellt hat.

Die Kritik hat der Komödie genau das vorgeworfen: alles schon dagewesen. Und dass die Handlung, besonders die Beziehung zwischen den beiden gegensätzlichen Charakteren Boris und Melody, nicht glaubwürdig sei. Es stimmt, die Themen sind nicht neu. Das Drehbuch zu »Whatever Works«, so heißt es, lag 30 Jahre in der Schublade.
Doch Allen ist ein Meister in der Variation wiederkehrender Motive wie der Macht des Zufalls und des Glücks. Und einer Nummernrevue vorzuwerfen, sie sei überdreht, geht am Thema vorbei. Denn »Whatever Works« ist stellenweise genau das: eine Versuchsanordnung, in der klischeehaft überzeichnete Figuren aufein­ander prallen. Insofern lotet Allen einfach den größtmöglichen Spielraum für seine Charaktere aus. Realistisch oder nicht – komisch ist es allemal. Und es wird der Botschaft des Films gerecht: »Was funktioniert, das ist auch gut!«


Whatever Works (dto) USA 09, R: Woody Allen, D: Larry David, Evan Rachel Wood, Patricia Clarkson, 92 Min. Start: 3.12.