Auf Müll gebaut

Waren die SPD-Spenden nur Danke-schön-Leistungen oder Einlösungen-von-Versprechen? Werden die Ermittlungen auf weitere Personen ausgedehnt?

Bislang ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft im MVA-Skandal wegen zweierlei Vergehen. Zum einen sitzen der Ex-Manager des Gummersbacher Anlagenbauers Steinmüller, Sigfrid Michelfelder, und der ehemalige Geschäftsführer der Kölner Abfallentsorgungs und -verwertungsgesellschaft (AVG), Ulrich Eisermann, wegen Bestechung in Untersuchungshaft. Zum anderen ermitteln die Strafverfolger gegen die Kölner SPD, insbesondere gegen Ex-Fraktionschef Norbert Rüther und Ex-Schatzmeister Manfred Biciste, wegen illegaler Spendengeschäfte. Ob die Trennung der Verfahren aber auch weiterhin Sinn macht, wird zunehmend zweifelhaft.

Wienand öffnet Türen

Hellmut Trienekens, Vorstandsvorsitzender der an den städtischen Kölner Entsorgungsunternehmen AVG und AWB beteiligten Trienkens AG, und Sigfrid Michelfelder, als ehemaliger Chef der den MVA-Bau verantwortlich ausführenden Firma Steinmüller, haben übereinstimmend den ehemaligen SPD-Spitzenpolitiker Karl Wienand belastet. Wienand, einst wichtiger Strippenzieher der sozial-liberalen Bundesregierung, war nach einer Affäre in den 70ern in die Wirtschaft gewechselt. Seit Anfang der 80er nutzte er seine Beziehungen zur Akquise kommunaler Aufträge für Steinmüller und den Entsorger Edelhoff, wenige Jahre später auch für Trienekens. Wienand muss sehr erfolgreich gewesen sein, auch in Köln: Michelfelder zufolge hat er für den MVA-Auftrag viel Geld erhalten, und Trienekens will sich sogar erinnern, mit ihm zusammen bei der Übergabe von Schwarzgeld in der Schweiz an einem Tisch gesessen zu haben - mit dabei AVG-Chef Eisermann.
Besonders interessant ist dies, weil Wienands Genosse Norbert Rüther bislang behauptet, Spenden von Privatfirmen seien immer erst nach Erteilung eines Auftrags durch die Stadt Köln oder durch städtische Unternehmen akquiriert worden. Da Wienand aber offensichtlich versuchte auf die Auftragsvergabe Einfluss zu nehmen, ist es unwahrscheinlich, dass nicht Versprechungen im Raum gestanden haben sollen, die auch für Politiker oder Verwaltungsbeamte erkennbar gewesen wären. Damit bekäme Rüthers Umschreibung der Spenden als Danke-schön-Leistungen nun endlich einen Sinn.

Erweiterte Ermittlungen?

Zunehmend rückt auch der ehemalige Kölner Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier ins Blickfeld des Geschehenen. Ulrich Eisermann, seit 1988 Chef des Hauptamtes in der Kölner Stadtverwaltung, hatte 1991 auf Wunsch seines Vorgesetzten Ruschmeier die Amtsleistung aufgegeben, um zuerst der Projektgruppe zur Gründung der AVG vorzusitzen und dann der AVG selbst. >Eisermann<, so Zeitzeugen, >hat seitdem auf großem Fuß gelebt.< Als Aufsichtsratsvorsitzender der AVG hatte Ruschmeier auch nach Eisermanns Wechsel auf den Firmensessel regelmäßigen Kontakt zu seinem Zögling. Es ist reichlich unwahrscheinlich, dass ihm - ebenso wie anderen Führungspersonen - die Veränderungen in Eisermanns Lebenswandel weniger stark aufgefallen sein sollen, als Leuten, die dem AVG-Chef weniger nah gestanden haben. Fragt sich also auch die Staatsanwaltschaft, was Ruschmeier und andere wussten?
Zur Verwicklung von Karl Wienand in den MVA-Deal und in die Schmiergeldaffäre äußern sich die Strafverfolger nur zurückhaltend: Michelfelder habe zu den Zahlungen an Wienand widersprüchliche Angaben gemacht. Die Frage, ob der augenfällig gefällige Lebensstil Eisermanns nicht eine Vernehmung weiterer Personen nahelege, beantwortet die Behördensprecherin wolkig: >Ich kann keine Informationen über beabsichtigte oder laufende Ermittlungen geben.< Bislang wurden Fragen, ob nicht auch gegen stadtbekannte Spitzenpolitiker oder -beamte ermittelt wird, stets klar verneint.