Jerry Cotton ist umgezogen

Der Medienstandort Mülheim hat einen großen

Neuzugang: Bastei-Lübbe, das Verlagshaus der

Krimihelden, Geisterjäger und Frauenärzte

Stefan Lübbe ist gut drauf. Von seinem neuen Büro aus blickt er auf den Dom, sein Nachbar heißt Harald Schmidt und mittags bekommt er beim Türken auf der Keupstraße auch nachmittags noch eine warme Mahlzeit. Bis Januar war das anders: Da arbeitete er im Gewerbegebiet Zinkhütte in Bergisch Gladbach, nebenan ein Schrottplatz, gutbürgerlicher Mittagstisch bis 14 Uhr und keine Sekunde länger.

Der Chef von Bastei-Lübbe ist gerade mit seinem Verlag und 170 Mitarbeitern nach Köln umgesiedelt ist. Sie residieren nun im Mülheimer Carlswerk in der Schanzenstraße. »Der Um­zug hat im ganzen Haus eine neue Dynamik und Risikofreudigkeit ausgelöst«, schwärmt der Verleger. Auch OB Jürgen Roters (SPD) freut sich über den Neuzugang. Auf der Begrüßungsfeier im März sagte Roters in Anwesenheit von allerlei Prominenz, er sei stolz, dass Stefan Lübbe sich für »die Domstadt« entschieden habe.

Reisen zu den gruseligsten Burgen Deutschlands

Bastei-Lübbe, 1953 in Bergisch Gladbach von Vater Gustav Lübbe gegründet, ist der größte deutsche Publikumsverlag, der sich noch in Familienhand befindet. Bekannt sind vor allem die Heftromane: Die Jerry-Cotton-Krimis verkauften sich weltweit mehr als 850 Millionen Mal. Auch Geisterjäger John Sinclair und Frauenarzt Dr. Stefan Frank entstammen dem Verlag und unterhalten seit Generationen. Große Umsatzbringer sind heute zudem Dan Brown und Ken Follett, dessen »Die Säulen der Erde« allein in Deutschland über vier Millionen Mal über den Ladentisch ging. »Jedem seine Welt«, so das Credo des Verlags.

Mit dem Umzug leitet Stefan Lübbe auch die Neuausrichtung des Verlags ein, die 360-Grad-Strategie, wie er sie nennt. Er will die Inhalte, den »Rohstoff Phantasie« stärker vermarkten, aus Büchern Filme und Serien, Games und Brettspiele machen. Jerry Cotton ist gerade im Kino angelaufen. Lübbe denkt auch über John-Sinclair-Reisen zu den gruseligsten Burgen Deutschlands nach.

Dicker Fisch an der Angel

Ein weiteres Ziel ist, unabhängiger von US-amerikanischen Autoren zu werden. »Das ist zu gemütlich, immer nur in den USA einzukaufen«, erklärt er. Stattdessen möchte er verstärkt deutsche Schriftsteller aufbauen und den Nachwuchs hierzulande fördern. Bislang spielt der Verlag in der deutschen Literatur kaum eine Rolle. Gerade habe er allerdings einen dicken Fisch an der Angel – nur wen, das sagt er noch nicht.

Auf freundschaftlichen Umgang mit den Autoren legt Lübbe besonderen Wert. Auf dem Dach des Hauses wird er eine Terrasse und eine Miami-Lounge einrichten, damit Lektoren und Schriftsteller in schöner Atmosphäre ihre Beziehung pflegen können. »Kreativität verträgt keine Einengung und benötigt ein ästhetisches Umfeld.« Kreativität werde er in Köln finden, da ist der 52-Jährige sicher. Und noch einen weiteren Vorteil hat der Umzug: »Cologne« klinge einfach besser als Bergisch Gladbach auf Englisch.