Foto: Manfred Wegener

Mysteriöse Früchte

Initiationsritus, politische Aktion oder Langeweile? Ein Baum im Volksgarten, mit Schuhen behängt, gibt Rätsel auf. Angefangen hatte es mit einem Paar – erstmals gesichtet im Dezember am östlichen Rand der Liegewiese – das an den Schnürsenkeln verknotet an einem Ast baumelte. Inzwischen sind es etwa ein Dutzend.

»Shoefiti« heißt das Phänomen. Bei dieser Form der Straßenkunst werden zusammengebundene Schuhpaare in die Höhe geworfen, so dass sie an Bäumen, Stromleitungen oder Ampeln hängen bleiben. Vielen gelten die USA als Ursprungsland dieser Kunstform, die auch schon in eine Simpsons-Folge Eingang gefunden hat. In Nevada steht der bekannteste Schuhbaum. Er ist mit mehreren Hundert Paar übersät. Es heißt, US-Soldaten sollen ihre Stiefel nach dem Wehrdienst auf diese Weise entsorgt haben.
Entstehungsmythen gibt es unzählige. Der Kölner Kunsthistoriker und Streetart-Kenner Johannes Stahl glaubt, dass dieser Brauch in verschiedenen Kulturen und Zeiten aus unterschiedlichen Gründen entstanden ist. Was Shoefiti-Künstler hierzulande antreibt, darüber kann auch der Experte nur spekulieren. »Die Kunstform könnte als Akt dagegen interpretiert werden, dass Turnschuh-Hersteller wie Adidas und Nike die Streetart-Szene vereinnahmen. Quasi als Verurteilung, dass Werbung Identität und Schuhwerk gleichsetzt.«

Weniger konsumkritisch ist eine andere Deutung: In den USA sollen Schuhe Orte markieren, an denen man Drogen kaufen kann. Je teurer das Fußkleid, desto einflussreicher der Dealer. Stimmt das, sind im Volksgarten eher kleine Fische unterwegs.