»Alles hin hin hin!«

Man kann es durchaus ambitioniert nen­nen, wenn eine Band ihrem Musik-Video erst mal ein gesprochenes Manifest voranstellt. Im kryptisch-größenwahnsinnigen Sprachduktus legen Ja, Panik darin die ei­ge­nen Produktionsweisen offen und geißeln die gesellschaftlichen Verhältnisse als allmächtige »Liaison zwischen Penis und Kapital«.

So geschehen bei »Alles hin hin hin«, der ersten Single-Auskopplung vom letztjährigen Album »The Angst And The Money«. Ein Meilenstein deutschsprachigen Pop-Schaffens. Ein Album, das an das Beste heranreicht, was Künstler wie die Fehlfarben, Goldenen Zitronen, Jochen Distelmeyer oder Tocotronic zustande gebracht haben. Es ist ein bemerkenswerter Zufall, dass sie alle zeitgleich neue Alben vorgelegt haben – die allesamt nicht den Schmiss haben wie das Werk des österreichischen Quintetts mit Sitz in Berlin.
Sänger und Songschreiber Andreas Spechtl, ein schlauer, dünner Kerl mit nicht allzu dicker Stimme, verbreitet mit seinen deutsch-englischen Wortkaskaden eine Stimmung zwischen Dada und Revolution, zwischen Poesie und Protest. Eine Welt am Abgrund, in der politische und private Katastrophen untrennbar verknüpft sind: »Nothing’s about me or you, honey, it’s all about the Angst and the money. Ach verdammt, alles hin, alles Geld, alles Angst, alles hin hin hin...« Seine Texte sind vor allem Sound, Rhythmus, ein Rausch an Bildern, Metaphern, Zitaten. Geht’s um die Freundin, den Freund – oder doch nur um den Untergang Griechenlands, Europas, des Kapitalismus?! »Fools high crowned and well protected, und eine Sprache die vergisst, diesen Krieg hat man verloren, I have a dream, das ist das Gift.«

In ihren Stilmitteln hat sich die Band eine geradezu spektakuläre Unbekümmertheit bewahrt, sortenrein ist hier gar nichts. Ton Steine Scherben, Falco, die Hamburger und die Düsseldorfer Schu­le haben ihre Rollen. Ihre Songs dürfen alles: Schnell anfangen und langsam enden – oder umgekehrt. Sie explodieren, sacken in sich zusammen, sind hysterisch, melancholisch und auch schon mal pathetisch. Mit Klavier oder ohne. Die letzte Band, die aus so viel lässiger Inkongruenz derart große Kunst gemacht hat, waren Pavement. Angeblich basteln die gerade am Comeback. Wirklich nötig wäre das nicht.