Schreibt auch im Gefängnis weiter: der Kölner Schriftsteller Dogan Akhanlı

Sibirien, zum zweiten Mal

»Endlich bin ich in Istanbul, bin aus dem Flieger ausgestiegen und gehe zur Passkontrolle. Ein wenig aufgeregt bin ich auch. Beinahe zwanzig Jahre ist es her, dass ich zuletzt hier war. Ich verlangsame meine Schritte, um nicht als erster an der Kontrolle zu sein.«
Das ist der Anfang einer Geschichte, die Dogan Akhanlı im Gefängnis geschrieben und über seinen Anwalt der Außenwelt zukommen lassen hat. Der Kölner Schriftsteller, der unter anderem den Völkermord an den Armenien thematisierte, sitzt seit August in Untersuchungshaft in der Türkei. Der Prozess soll am 8. Dezember beginnen.

Die Geschichte geht so weiter wie die Realität: Noch am Flughafen wird Akhanlı festgenommen. Die türkische Justiz wirft ihm vor, er sei 1989 an einem Raubüberfall beteiligt gewesen. Akhanlı, der deutscher Staatsbürger ist, bestreitet das. Der Fall hat Aufsehen erregt. Prominente wie Günter Grass und Orhan Pamuk fordern seine Freilassung. OB Jürgen Roters bat seinen Istanbuler Amtskollegen, sich für Dogan Akhanlıs Entlassung aus der Untersuchungshaft einzusetzen.

Verteidiger befürchtet Vertagung

Akhanlıs Verteidiger Ilias Uyar befürchtet, dass sich der Prozess in die Länge ziehen könnte. »Anklage und Akteninhalt sind inhaltlich sehr dünn, für eine Verurteilung wird das kaum reichen«, sagt er. »Allerdings kann es aus genau diesem Grund sein, dass sie den Prozess vertagen.«

Vor 24 Jahren, bevor Akhanlı nach Deutschland geflohen ist, hat er schon einmal in diesem Gefängnis gesessen, in »Sibirien«, wie sie den Block damals bezeichneten. Seine Geschichte endet: »Bevor die eiserne Tür hinter mir zufällt, frage ich den mich begleitenden Wärter, ob man den Block immer noch so nennt. ›Ja‹, antwortet der Wärter.
›Der Name hat sich nicht geändert.‹«