Foto: Roman März; courtesy: BQ, Berlin

yester’n’today

Der Text als materialisierter Körper, die Schrift als visuelles Ereignis – das sind so Stichworte, unter denen man das große Werk des Düsseldorfers Ferdinand Kriwet gerne einordnet. Kriwet (der bürgerliche Nachname avancierte auch zum Künstlernamen) war vor fünfzig Jahren ein Ereignis. Anfang der 60er Jahre, da war er noch nicht mal zwanzig, schuf er seine ersten Buchstaben-Form-Kombinationen. Seine Texte sollten keine »Bedeutung« transportieren, sondern Ereignisse schaffen – radikal andere Sichtweisen auf das alltägliche Material der Kommunikation eröffnen.

Das taten sie etwa durch Rundscheiben, mit denen man verschiedene Textkreise beliebig miteinander kombinieren konnte. Seine Buchstabenfelder wirkten wie abstrakte Texturen aus Formen und Flächen. Und sie sollten auch bald ein Hörerlebnis werden: Kriwet schuf für das Studio akustische Kunst des WDR aufwändige Montagen aus der Medienhysterie der Populärkultur: Er verarbeitete die Apollo-Mond-Landung genauso wie ein Spiel von Fortuna Düsseldorf. Detailversessen, handwerklich perfekt, beseelt von einer selbstironischen Überempfindlichkeit. Kriwet feierte gerade nicht die Selbstbezüglichkeit, nur oberflächlich trifft auf ihn das Schlagwort »Das Medium ist die Botschaft!« zu. Ihn interessierten schon die Botschaften, die realen Ereignisse, aber unter den Bedingungen ihrer medialen Zurichtung.

Der modernen Massenkommunikation lässt sich nicht entgehen, aber man kann mit ihren Regeln spielen, sie verfremden, unterlaufen. In den 70ern drängte Kriwets Kunst vehement in die Öffentlichkeit, er führte Mixed-Media-Shows auf, schuf ebenso verspielte wie monumentale Text-Installationen für den öffentlichen Raum. Und dann war Schluss. Kriwet, finanziell ein unabhängiger Mann, verschwand aus der Szene, ein Vierteljahrhundert ist das her. Aber weil sein Werk so konsequent abseits einer überpolitisierten alten Avantgarde wie auch einer sterilen Medienkunst steht, ist es selbst nicht verschwunden. Seine Bücher werden antiquarisch hoch gehandelt, seine Hörspiele mit großem Erfolg auf drei LPs gewürdigt. Fast 36 Jahre nach seiner letzten Düsseldorfer Ausstellung veranstaltet die Kunsthalle jetzt endlich eine große Retrospektive.



Ausstellung:

Kunsthalle Düsseldorf, Grabbeplatz 4, Di-Sa 12-19, So 11-18 Uhr, 18.2.-1.5., Eröffnung 18.2., 19 Uhr.