Geschichte und Psychoterror: Das Black Box Theater spielt Marguerite Duras, Foto Willi Hölzel

»Der Schmerz« im NS-Dok

Die französische Schriftstellerin Marguerite Duras verstand es, entlang der Grenze zwischen Selbstdarstellung, vermeintlicher Authentizität und Fiktion zu schreiben. Neben Filmen, Theaterstücken, Romanen hat sie nach ihrem Tod 1996 auch Skizzenbücher aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs hinterlassen. Darin findet sich »Der Schmerz«, ein Stück Prosa, in dem sich die Autorin abarbeitet an ihren Ängsten um den Ehemann, der als Mitglied der Résis­tance ins KZ verschleppt wurde. Er kehrt schließlich zurück, aber sie kann ihn nicht mehr lieben.
Eine Theaterfassung des Tex­tes, die das Black Box Theater um Regisseur Heinz Keller und Schauspielerin Susanne Seuffert jetzt unternimmt, bietet also nicht nur eine politische Klammer, die den Aufführungsort rechtfertigt: das NS-Dokumentationszentrum. Vor allem bietet sich für die Bühne die Schilderung einer höchst privaten Situation extremster Gefühle an.

 

Regisseur Keller und die Ausstatterin Petra Maria Wirth haben zuletzt im Kellertheater Savyon Liebrechts »Die Banalität der Liebe«, die Liebesgeschichte zwischen Hannah Arendt, der jüdischen Intellektuellen, und Martin Heidegger, dem Nazi-Philosophen, berührend und klug auf die Bühne gebracht. Jetzt beschäftigen sie sich erneut mit den Themen Krieg, Schuld, NS-Vergang­enheit und den Auswirkungen auf die Gegenwart. Ins Zentrum wollen sie die Erinnerungsarbeit stellen, als ebenso schmerzhaften wie heilsamen Prozess.
Marguerite Duras schillerte im wahren Leben rätselhaft, facettenreich, eine Rollenspielerin. Insofern scheint eine Textaufteilung an drei bis vier Schauspielerinnen, wie das Team sie plant, angemessen. Die Figuren sollen, sehr jung bis alt, verschiedene Lebens- und Erfahrungsalter repräsentieren.

 

Eine Heldin auf mehrere Menschen verteilt, das klingt auch nach Spaltung der Psyche. Dazu passt, dass der Abend als therapeutische Maßnahme, als Familienaufstellung, seinen Anfang nimmt. Ergänzt wird die Besetzung durch einen jungen Mann, als Spiegel, Gegenpart und Objekt des Begehrens und durch live gespielte Cello-Musik. Das alles klingt nach einem fragilen und komplexen Setting zwischen historischer und individueller Erinnerungsarbeit.