Venske & Spänle: »Helotroph am Schoß«, Marmor poliert, 2008, courtesy: Galerie Robert Drees, Hannover

Energie aus Reibungswärme

Freie Kunstszene #21: Der ­Koelnberg Kunstverein zeigt zur Art Cologne mit »bodily functions«, was er kann

Mittendrin in der zentralen Galerien- und Ausgehmeile an der Aachener Straße eröffnete im Oktober 2009 der Kunstverein Koelnberg. Wenn auch der Name angeblich nichts mit der Kölner Hochhaussiedlung zu tun hat, abwegig ist er nicht. Nach Passierung eines langen, schmalen Zugangs stolpert man unvermutet in die neondurchflutete Weitläufigkeit der ehemaligen Lagerhalle. Sie eignet sich hervorragend für Installationen, der rauhe Underground-Charme befördert die Reibungswärme einer Mischung aus Kunst, Musik und Performance.

 

Hauptverantwortlich für das Programm zeichnet Richard Schnei­der, der einer nicht näher in Erscheinung tretenden Schar kunst­interessierter Mitglieder vor­steht. Für den nötigen kuratorischen Sachverstand sorgten in den Anfängen Jens Mentrup und Timothy Shearer, zuletzt 2010 mit der famosen Ausstellung »Toxicure« (mit Sascha Blume, Tamara Lorenz, Jan Scharrelmann, Nikola Ukic). Seither liegt die Kuratorenschaft in wechselnden Händen, insbesondere denen von Künstlern – ein Potenzial, das Richard Schneider ausschöpft, in dem er ihnen klugerweise weitgehend freie Hand lässt. Überzeugend nutzte dies zuletzt Constantin Wallhäuser (mit Wolfgang Betke, Andreas Fischer, Katlen Hewel). Nach einer Einzelschau von Christian Forsen (bis 2.4.) folgt im April zur Art Cologne ein internationales Ausstellungsprojekt des Kölner Künstlers Volker Saul.

 

Mit subjektivem Blick hat Saul acht »verehrte« Kollegen aus Deutschland und den USA eingeladen und führt in der Ausstellung malerische (Mojé Assefjah, Elizabeth Cooper, Chuck Webster), bildhauerische (Venske & Spänle) und zeichnerische Positionen (Mark Booth, Volker Saul) mit Musik, Text und Performance (Chris Newman, Manos Tsangaris) zusammen.  Der von Matthew Herbert ausgeliehene Ausstellungstitel »bodily functions« proklamiert das Körperliche als vielschichtiges Leitmotiv, auch wenn das meist indirekter zum Tragen kommt als in dem gleichnamigen Video von Chris Newman: Er fühlt den manchmal ziemlich peinlichen »Körperfunktionen« sehr direkt auf den Zahn und liefert hintersinnige Reflexionen zur menschlichen Wahrnehmung. Die des Besuchers wird bereits im Eingangsbereich geschärft, für den Mark Booth und Volker Saul eine gemeinsame Text-Bild-Installation entwickelt haben.

 

Solche aufwändigen Projekt erfordern neben Kooperationspartnern vor allem: Motivation.  Es wird sich zeigen, ob der Koelnberg die Rotationskräfte vieler begeisterter Mitstreiter dauerhaft in einem starken Eigenprofil halten kann, das sich seine Experimentierlust bewahrt.

 

Kunstverein Koelnberg e.V., Aachener
Str. 66, Do?+?Fr 16-19, Sa 12-16 Uhr
(Art Cologne: Sa bis 18 Uhr)
»bodily functions«, 13.4.-7.5.,
Eröffnung Mi 13.4., 18 Uhr;
Manos Tsangaris: »Spirit!« Text+Sound Performance, Sa 16.4., 18 Uhr