Die Triebe, das Tierische, die Einsamkeit: Das Zovingtheatre.de sucht Pan, Foto: bildautor.de

Den Gott zum Bock machen

Glitzer und Finsternis entdeckt man beim Buddeln in den alten griechischen Göttergeschichten. So geht es dem Movingtheater.de, das seine neue Tanztheater-Serie drei mythischen Figuren widmet. Nach dem himmelwärts streben­den Daedalus, den sie als Risiko und Veranwortung tragenden Wis­­senschaftler anlegten, ist jetzt der erdverbundene Pan dran (bevor Ariadne ihren Faden auslegen wird).

 

»Bei Null« habe das Team da angefangen, erzählt der Dramaturg und Schauspieler Achim Con­rad, der für Moving erstmalig eine Koproduktion mit Dans­ateliers Rotterdam eingeht, dessen Leiterin Amy Gale sie dramaturgisch begleitet und einen Tänzer von dort mitbringt, Danilo Colonna. Eine Pioniertat, denn aus kulturstrukturellen Gründen kommen freie Gruppen aus Deutsch­land kaum auf den Markt des Nachbarlandes.

 

»PANcomplex«, so der Titel der Choreografie von Emanuele Soavi, meine die Komplexität der Pan-Figur, und einen Komplex, der in jedem Menschen stecke: be­stimmte Persönlichkeitsanteile wegzusperren. Im Pan hat das Team hingegen aufgesperrt: den Bock, den Menschen, den Gott. Von der Mutter verstoßen, durfte er kein Gott und konnte kein Mensch sein. Die Nymphen kann er nur vergewaltigen.

 

Die Triebe, das Tierische, Zer­­rissenheit und Einsamkeit, »von allem abgeschnitten zu sein«, so Conrad, interessiere ihn: »Als Christus zur Welt kam, muss­­te Pan verschwinden. Er wurde zum Teufel gemacht, war das Nicht-Erlaubte, Desinte­grier­te.« Neben dem Dunklen oder Tot­gemachten finde sich im Pan auch eine flötenhelle, unterhaltsame, die Schäfchen zusammenhaltende Seite.

 

Das Stück zeigt erst ein von Emanuele Soavi getanztes Solo in einem offenen Raum mit Installationsobjekt und zu der geräuschhaften Musik von Stefan Bohne (Artheater) eine Art Pan-Universum: »immer in Frage gestellt zu sein«. Das folgende, mehr mit Text versetzte Trio spielt in einem kleineren, menschengemachten Raum und personifiziert die Charakteranteile Pans: das Göttliche, das Finstere, das Unterhaltsame. Da bleibt Streit nicht aus: Jeder will der wahre Pan sein.