Begehrtes Brachland – ehemaliges Dombrauerei-Gelände an der Schönhauser Straße in Bayenthal; Foto: Manfred Wegener

Reiche Ernte in den Domgärten

Köln ist mal wieder wegen Korruption im Gerede: Anja Albert und Bernd Wilberg über einen ungewöhnlichen Grundstücksdeal im Kölner Süden

Gleich mehrere Grundstücksankäufe des Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB), der die Immobilien des Landes verwaltet, sorgen derzeit bundesweit wegen Korruptionsverdachts für Schlagzeilen. Neben dem Landesarchiv in Duisburg und dem Bonner Kongresszentrum sind es zwei Projekte in Köln: zum einen das Polizeipräsidium Kalk (siehe StadtRevue 4/2011), zum anderen das Gelände der ehemaligen Dom-Brauerei, die Domgärten in Bayen­thal. Besonders brisant ist, dass sich in diesem Fall der Adenauer-Enkel und Präsident der Kölner Industrie- und Handelskammer (IHK), Paul Bauwens-Adenauer, rechtfertigen muss.

 

Die Bauwens-Gruppe, deren geschäftsführender Gesellschafter Bauwens-Adenauer ist, hatte sich die insgesamt 87.000 Quadratmeter zwischen 2008 und 2009 für 79 Millionen Euro gesichert und dann mit knapp zehn Millionen Euro Aufschlag an den BLB weiterverkauft – und zwar in dessen Auftrag. Dass der BLB für den Grundstückskauf einen Zwischenhändler einschaltet, ist zumindest ungewöhnlich. »Die Domgärten sind Teil unserer Ermittlungen«, sagt der Wuppertaler Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert, dessen Behörde bei schweren Korruptionsfällen federführend ist, »weil der BLB jeweils überhöhte Preise für Grundstücke gezahlt hatte und davon auszugehen ist, dass einzelne Personen das nur taten, weil sie an Mehrerlösen beteiligt waren«.

 

Früherer BLB-Geschäftsführer im Fokus

 

Im Zentrum der Ermittlungen in Köln, Duisburg und Bonn steht der ehemalige BLB-Geschäftsführer Ferdinand Tiggemann. Auffällig ist jeweils, dass bei den Grundstücksankäufen private Investoren dem BLB zuvorkamen oder wie bei den Domgärten auf Initiative des BLB als Zwischenhändler eingesetzt wurden und die Flächen mit kräftigen Aufschlägen an das Land weitergegeben haben. Dass dahinter ein System steckt, legen zwei Sonderberichte externer Wirtschaftsprüfer nahe, die Mitte April Zwischenergebnisse vorlegten. Dabei sei regelmäßig vom BLB gegen bestehende Regularien verstoßen worden, so NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD).

 

Pikant am Fall der Domgärten ist, dass Bauwens-Adenauer in seiner Funktion als IHK-Präsident einen Umzug der Fachhochschule Deutz auf das Areal im Kölner Süden stets propagiert hatte. Und im städtebaulichen Masterplan des Stadtplaners Albert Speer, den Bauwens-Adenauer initiiert und zusammen mit rund dreißig Unternehmen aus der Kölner Region der Stadt geschenkt hatte, gibt es Argumentationshilfe für einen möglichen Umzug der FH von Deutz nach Bayenthal: »Zusammen mit den bestehenden Einrichtungen in der Südstadt ist eine optimale Vernetzung und Identitätserzeugung denkbar«, heißt es in dem städtebaulichen Planwerk. »Die Frage des Standorts konnte im Masterplan dennoch nicht qualifiziert behandelt werden.«

 

Der Grund für die Einschränkung: Erst im vierten und letzten Werkstatt-Verfahren zum Masterplan am 6. November 2008 wurde erstmals über eine mögliche Verlagerung gesprochen, wie Christine Rutenberg bestätigt. Sie ist Sprecherin der »Leitbildgruppe Attraktive Stadtgestaltung« und war in dieser Funktion am Lenkungskreis Masterplan beteiligt. Zwei Wochen nach der letzten Sitzung, am 27. November 2008, wurde das Planwerk dem damaligen Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) überreicht. Eine Einflussnahme durch ihn oder Vertreter der Bauwens-Gruppe habe es nicht gegeben, hat der Initiator Bauwens-Adenauer immer wieder betont. Das Thema sei durch die FH-Leitung aufgekommen. Zudem lasse sich ein international renommierter Stadtplaner wie Albert Speer in seiner Expertise nicht beeinflussen.

 

FH-Präsident sprach sich gegen Umzug aus

 

Tatsächlich hatte FH-Präsident Joachim Metzner bereits beim BLB, der Eigentümer der Deutzer Liegenschaft ist, dringenden Sanierungsbedarf angemeldet. In einer Pressemitteilung vom Dezember 2008 spricht sich Metzner schließlich für einen Umzug aus. Zuvor war ein Gutachten im Auftrag des BLB zum Ergebnis gekommen, dass eine Sanierung des FH-Gebäudes nur unwesentlich günstiger sei als ein Neubau. Zum möglichen Standort hatte das Gutachten keine Aussage getroffen. Unterdessen sicherte sich aber die Bauwens-Gruppe  weitere Domgärten-Grundstücke im Auftrag des BLB und verkaufte sie anschließend an den Landesbetrieb mit Margen von bis zu 15 Prozent weiter.

 

Die Geschäfte rund um die Domgärten beschäftigen schon länger den Landtag. Ewald Groth, der für die Grünen in der letzten Legislaturperiode sowohl im Unterausschuss Landesbetriebe und Sondervermögen als auch im Verwaltungsrat des BLB saß, berichtet, es sei schwierig gewesen, in den Gremien an Informationen zu gelangen: »Wir haben nichts über die Details erfahren.« Mehrfach hatten SPD und Grüne Anfragen gestellt. Dabei kam etwa heraus, dass der CDU-Landtagsabgeordnete Wilhelm Droste und dessen Kompagnon Henryk Haibt Verträge der Bauwens-Gruppe notariell beurkundet hatten. Parteifreunde derart zu berücksichtigen, gehört zumindest nicht zum guten Ton. Beide Namen tauchen auch im Zusammenhang mit dem Polizeipräsidium in Kalk auf, dessen Erweiterung die Staatsanwaltschaft ebenfalls beschäftigt. Für Ewald Groth sind grundsätzlich die engen parteipolitischen Verflechtungen ein Problem. »Es müsste eine völlige Loslösung des BLB von der politischen Szene geben«, findet der Grünen-Politiker.

 

Bauwens-Adenauer wehrt sich gegen die Vorwürfe

 

Als Begründung dafür, dass der BLB einen Zwischenhändler beauftragt habe, ist bisweilen zu hören, dass dadurch die Preise nicht derart explodieren, wie wenn ein Landesbetrieb offen als Interessent in die Verhandlungen mit Grundstücksbesitzern einsteigt. Allerdings ist im Falle der Domgärten gerade die Marge zwischen An- und Weiterverkauf ungewöhnlich hoch- und nachteilig für den BLB.

 

Dass er mit der Bauwens-Gruppe schnell und risikolos satte Gewinn eingefahren habe, will Bauwens-Adenauer nicht stehen lassen. Es handele sich um den Ablauf eines »regulären und marktüblichen Immobiliengeschäftes«. Anfang des vierten Quartals 2007 habe die Bauwens-Gruppe unter anderem gemeinsam mit der Sparkassentochter SK Corpus und der Pareto GmbH, dem Projektentwickler der Kreissparkasse, Verhandlungen mit dem Besitzer des Grundstücks »Domgärten I« aufgenommen und schließlich Kaufoptionen vereinbart. Mit dem Ziel, dort Wohnungen zu errichten. Schließlich habe dann jedoch der Kölner Bauunternehmer Heinz Hermann Göttsch das Rennen gemacht und sich im Mai 2008 die Option auf das Gelände gesichert. Dann habe Göttsch die Bauwens-Gruppe angefragt, auf dem Areal das Wohnprojekt umzusetzen, während er sich auf den vorgesehenen Gewerbeteil konzentrieren wollte.

 

Auch Bauunternehmer Göttsch im Visier der Staatsanwaltschaft

 

Der BLB sei dann im Juni 2008 an Göttsch herangetreten und habe dem Konsortium Göttsch/Bauwens in Aussicht gestellt, statt Wohnungen und Gewerbe eine neue Fachhochschule zu errichten, und das möglichst schnell. Ein politischer Beschluss zur Verlagerung lag indes gar nicht vor, jedoch hatte der damalige NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) signalisiert, die schwarz-gelbe Landesregierung favorisiere einen Neubau. Bauwens-Adenauer sagt, er habe nach der Offerte des BLB noch im Juni 2008 OB Fritz Schramma, die Kölner Ratsfraktionen sowie die Spitzen der Kölner Verwaltung informiert. Für den Bau am Standort Bayenthal habe er grundsätzlich Zustimmung signalisiert bekommen.

 

Bauwens-Adenauers Geschäftspartner Heinz Hermann Göttsch ist ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten: Es geht um Ermittlungen hinsichtlich Korruption bei der Errichtung des Polizeipräsidiums auf dem ehemaligen CFK-Gelände in Kalk. Das Areal war im Besitz der Firma GSE, an der Göttsch beteiligt ist. Unangenehm dürfte für Bauwens-Adenauer sein, dass er zurzeit mit Göttsch eine ohnehin umstrittene Shopping-Mall auf dem Helios-Gelände in Ehrenfeld plant. Ebenfalls nicht zum Renommee des IHK-Präsidenten dürfte die staatsanwaltschaftliche Durchsuchung der Bauwens-Zentrale am 9. Februar beigetragen haben – lediglich zur Beweissicherung, wie das Unternehmen am selben Tag mitteilte, »gegen unsere Gruppe laufen keine Ermittlungen«.

 

Während die Staatsanwaltschaft weiter ermittelt, haben SPD und Grüne angekündigt, bereits am 18./19. Mai einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzuberufen.