Sphärenklänge: die »Hoch-Zeiten« aus »Sonntag aus Licht«, © Klaus Lefebvre

Kosmisches Spektakel

Oper Köln: Szenische Urauffüh­rung von Sonntag aus Licht von Karlheinz Stockhausen

Die Neue Musik hat traditionell eine überschaubare Anhängerschaft. Eine Ausnahme von dieser Regel macht der im Dezem­ber 2007 verstorbene Kölner Kom­ponist Karlheinz Stockhausen, der schon zu Lebzeiten der Popstar der Neuen Musik war.

 

Dass Stockhausen noch immer Kult ist, zeigt sich nun bei der posthumen szenischen Uraufführung von »Sonntag« aus seinem monumentalen »Licht«-Zyklus durch die Kölner Oper im Staa­tenhaus in Deutz. Mehr als sechs Stunden dauert das Werk, bislang galt es aufgrund der technischen und künstlerischen Anforderun­gen als unspielbar. Der Meister verlangt zwei Bühnen, die in der fünften Szene noch dazu simultan bespielt werden müssen. Alleine dass die Oper die Aufführung realisiert, sichert dem Projekt den Eingang in die Musikgeschichte.

 

Zwei Jahre Vorarbeit waren nötig, um das riskante Projekt zu stemmen. Der Marathon wurde zunächst auf zwei Tage verteilt, in weiteren Aufführungen werden beide Blöcke an einem Tag zu sehen sein. Zwei jeweils 5.000 Quadratmeter große Hallen sind in das Staatenhaus eingebaut worden: ein runder, weiß ausgestatteter Raum, in dem am ersten Abend 400 Liegestühle stehen und ein mit schwarzen Stoffen abgeteilter, rechteckiger Raum mit ansteigender Tribüne und Guckkastenbühne.

 

Diese beiden Räume bespielt Regisseur Carlus Padrissa von der katalanischen Performance-Grup­pe La Fura dels Baus mit allen erdenklichen Theatermitteln: Ne­ben Sängern, Choristen und Ins­tru­men­­talisten bewegt er furios eine internationale Schar von Tän­zern und Akrobaten und verzahnt das Ganze perfekt mit einem riesigen technischen Apparat, inklusive pau­senloser Videoprojektionen. An einer konkreten Handlung mangelt es »Sonntag«, es ist eher ein musikalisches Ritual, das in der fünften Szene, den »Hoch-Zeiten«, seinen Höhepunkt in der mystischen Ver­ei­nigung von Eva und Michael findet.

 

Padrissa übersetzt Stockhausens Klänge und Szenenanweisungen in archaische, unmittelbare Bilder, zeigt magische Zeichen mit Feuer und Wasser, bewegt die Tänzer in immer neuen Forma­tionen und arbeitet mit starken Assoziationen. Niemals herrscht Stillstand auf der Bühne und im Raum, in wechselnden Besetzun­gen wird der Stockhausen’sche Raumklang erzeugt, am ersten Abend kommen für die Videos 3-D-Brillen zum Einsatz, am zweiten Weihrauchdüfte.

 

Kurzum: Alle Sinne werden bedient bei dieser Oper, zumal die musikalische Umsetzung allerhöchstes Niveau aufweist und mit Atem beraubender Präzision überwältigt. Eine exemplarische Aufführung.

 

»Sonntag aus Licht« von Karlheinz Stockhausen, ML: Peter Rundel/Kathinka Pasveer, Ch: Athol Framer, R: Carlus Padrissa