Serielle Schönheit: »Crystal Skull«, Foto: Farbanalyse; courtesy: Jablonka Galerie

Kühles Leuchten

Die amerikanische Konzeptkünstlerin

Sherrie Levine bespielt die »Böhm Chapel«

Es ist eigentlich unmöglich, etwas über die Ausstellung »Crystal Skull« von Sherrie Levine in der Böhm-Kapelle des Galeristen Raphael Jablonka zu sagen, ohne den besonderen Raum zu berücksichtigen: Zwölf identische Kristallschädel aus satiniertem Glas, allesamt in Stehvitrinen aus Kirschholz, nehmen kreisförmig angeordnet den Grundriss der Architektur auf und blicken dem Betrachter entgegen. Die Pfarrkirche St. Ursula des Kölner Architekten und Pritzker-Preisträgers Gottfried Böhm, Ende der 50er Jahre nach Plänen seines Vaters erbaut, ein halbes Jahrhundert später profanisiert, unter Denkmalschutz gestellt und seit 2010 in Besitz und Obhut des Top-Galeristen, ist als Architektur überaus dominant.

 

Dass Raum an sich aufs Engste mit der Rezeption der Moderne verknüpft ist, hat Brian O’Doherty in seinem vielzitierten Essay »Inside the White Cube« erläutert: Er vergleicht die »Aura« oder gesteigerte Präsenz des Ausstellungsraumes mit der Heiligkeit einer Kirche. Als Jablonka den Kirchenbau erwarb, setzte er ihn, unter Anleitung des inzwischen hochbetagten Gottfried Böhm, in seinen Urzustand zurück. Seitdem dringt nur natürliches Licht durch die sechs hohen Bogenfenster. Es ist ein Wunder, dass die Kunst der Konzeptkünstlerin Levine angesichts dieser Architektur nicht in Schwierigkeiten gerät.

 

Zentrale Themen wie Originalität und Kopie, Aneignung und Wiederholung, Zeit, Materialität und Aura bestimmen ihr Werk seit dreißig Jahren und greifen damit eine Kunstdiskussion auf, die bis heute Früchte trägt. Auch in der Ausstellung kommt der Besucher in den ästhetischen Genuss industrieller Serialität. Die Frage, welche Beziehungen die identischen Objekte untereinander eingehen, stellt sich ebenso wenig wie jene nach dem Bezug von Objekt und Raum. Von den menschlichen Kristallschädeln, in der Proportion deutlich kleiner als die der Bronze-Serie von 2001, geht Kühle, Distanz, Teilnahmslosigkeit aus.

 

»I consider myself a still-life artist«, sagt Levine, und gesteht damit dem Betrachter zu, Vergänglichkeit und Transzendenz in ihrer Kunst zu sehen. Zwölf Schädel schließen sich kreisförmig zur Seance zusammen, eine Zahl, die in Christentum und Okkultismus eine zentrale Rolle spielt und mit der Architektur und der gängigen Auflagenhöhe ihrer Werke korrespondiert. So gelingt es ihr, komplexe Verflechtungen zwischen alter und moderner Kunst herzustellen und durch das selbst-illuminierende Material der Kristallschädel die Bestimmung und Atmosphäre des Raumes unvergleichlich einzufangen.