Stellt die Frage nach Gott: Brad Pitt

The Tree Of Life

Terrence Malicks fünfter Film in vier­zig Jahren ist ein ebenso erhabenes wie frustrierendes Erlebnis. Mit der Leidenschaft abgewiesener Liebhaber begannen bei der Weltpremiere von »The Tree Of Life« in Cannes einige Kritiker schon vor dem Abspann buhend ihrem Unmut Luft zu machen. Die Fallhöhe war enorm hoch: Wohl kein Film wurde in den letzten Jahren von Kinolieb­habern weltweit so heiß erwartet wie das immer wieder verschobene Werk dieses großen Schweigers des amerikanischen Films. Seit dem Ende der 70er Jahre hat der Regisseur von Meisterwerken wie »Badlands« und »In der Glut des Südens« nicht mehr mit der Presse gesprochen und auch in Cannes wartete man vergeblich auf Malick – was den Mythos um seine Person weiter befeuert.

 

»The Tree Of Life« versucht nicht weniger als eine Familiengeschichte aus dem Texas der 50er Jahre mit der Entstehung und dem Vergehen des Universums kurzzuschließen. Der frühe Tod eines der drei Söhne des Ehepaars O’Brian führt die Eltern zur alten Theodizee-Frage: Wenn es einen Gott gibt, wie kann er solches Leid zulassen? Malick beginnt daraufhin mit einer Rückblende in die Urgeschichte der Erde: Der Planet entsteht, Vulkane speien, erste Einzeller schwimmen im Ozean, dann Quallen und plötzlich liegt ein Dinosaurier am Strand. Das sieht weitaus spektakulärer aus als in TV-Naturdokumentationen, wirkt aber im besten Fall unnötig, im schlechtesten fürchterlich prätentiös.

 

Die Fragen, die der Zyklus ewigen Werdens und Vergehens stellt, hätte Malick auch ohne kosmologisch-religiöse Rekurse verhandeln können. Denn dass der 67-Jährige weiterhin ein Meister darin ist, kleinste Alltäglichkeiten wie Blicke, Berührungen, Blätter im Wind metaphorisch aufzuladen, zeigt er in der zweiten Stunde des Films in gewohnter Virtuosität – bevor er am Ende wieder ins Esoterische abdriftet. Malick versucht den ganz großen Daseinserklärungswurf und kann nur scheitern. Dennoch macht gerade diese Hybris »The Tree Of Life« zu einem faszinierenden Film.