»This is (not) my forest« von Kik Melone (Zagreb), Foto: Maja Kljaja

Lange nach dem Krieg

Das Festival theaterszene europa zeigt aktuelles Theater aus Serbien und Kroatien

 

Die finanzielle Situation der freien Theaterszene scheint europaweit nicht rosig. Das berichtet Tim Mrosek, Dramaturg an der Kölner Studiobühne, der zusammen mit ihrem Leiter Dietmar Kobboldt das Festival theaterszene europa kuratiert. Konzentriert nimmt das Festival seit über 25 Jahren Europa in den Blick und präsentiert sowohl die Vielfalt als auch die Berührungspunkte des zeitgenössischen jungen Theaters auf dem Kontinent. Dieses Jahr sind Kroatien und Serbien zu Gast.

 

Beide Republiken zeigen insgesamt sieben Produktionen. Fast alle sind international koproduziert. Dazu kommen sechs deutsche Arbeiten, zwei von ihnen ebenfalls mit internationaler Beteiligung. Zufall? Nein, nur konsequent, denn »wenn man überleben will, muss man sich internationalisieren und Formen der Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinaus entwickeln«, sagt Mrosek. Der Regisseur und Dramaturg spielt nicht nur auf finanzielle Mittel an, sondern auch auf den intellektuellen Zugewinn, der entstehe, wenn man am Diskurs über neue Ästhetiken und Arbeitsprozessen teilnimmt: »Für uns wird es da interessant, wo Formen gesprengt werden. Deswegen war die Voraussetzung für die Teilnehmer, dass es sich um professionelle, freie Gruppen handelt, die experimentelles Theater machen.«

 

Der Programmschwerpunkt liegt auf Performance- und/oder Tanz-Theater. Kosztolányi Dezsö Theatre & Urbán András Company suchen in »Turbo Paradiso« Grenzen. Mit der Frage »Wovor habe ich als Bürger eines bestimmten Staates Angst?« nimmt die serbisch-ungarische Koproduktion die vergangene Kriegsgewalt in den Fokus, getragen durch eine harte Bildsprache, die jede Teilnahmslosigkeit direkt einsackt. Die Produktion »This is (not) my forest« von Kik Melone aus Zagreb beschäftigt sich mit der Arbeit von Pina Bausch. Zunächst bricht die Tänzerin den eigenen Status quo in einzelne Szenen auf, um dann Tanz, Theater und Oper mittels performativer Spannung auf die neu entstandene Bilderwelt zu übertragen.

 

Ein weiterer Gegenentwurf zu normativen Theaterstrukturen kommt von der Gruppe Fräulein Wunder AG. Quer durch Europa haben die Berliner in Archiven und Gesprächen nach Auswanderungsgeschichten ihrer Familien gesucht. Briefe, Fotos und Super-8-Filme werden in der Installation »Auf den Spuren von...« zum Spielmaterial – Publikum inklusive. Auch »Alles ich«, eine »interaktive Performance über Identität für 30 Menschen« von theatrale subversion & Katze und Krieg aus Hildesheim/Braunschweig will Interaktion. Hier darf der Zuschauer sich gleich aussuchen, was er ist: Herkunft, Körper, Talente oder Eigenschaften. Partizipation überall!