Luftiges Idiom: Szene aus »Corpus Spiritus«, © Bryndif Brynjolfsdottir

Werfen Geister Schatten?

Das MichaelDouglas Kollektiv zeigt Corpus Spiritus in der Halle Kalk

Beim Titel »Corpus spiritus« denkt man in Köln gleich an Kirche und Katholizismus. Es ist aber ein Tanzstück. In gewisser Weise schaut es wohl auch beim Karneval und beim Alkohol vorbei. Georg Reischl hat diesen »Körper des Geistes, des Atems, des Muts« für das MichaelDouglas Kollektiv choreografiert, eine Kooperation mit dem Schauspiel und der Oper.

 

Das Ensemble gründete sich 2009 aus Resten der »pretty ugly dance köln«-Kompanie um Aman­da Miller und anderen Kollegen. Mit bewunderswertem Optimismus begaben sich die Namens­geber Michael Maurissens und Douglas Bateman in die freie Tanz­szene. Nach einigen klei­ne­ren, durchaus anspruchsvollen Unternehmungen sowie dem etwas hol­prigen Stück »Approaching Grace« nun also der erste große Wurf – mit einem international gefrag­ten Choreografen, eben Georg Reischl, und sieben Tänzern, zur Elektronikkomposition von Adam Ster und ein wenig Mozart.

 

»Corpus spiritus« ist vielleicht nicht bombig, aber durchdacht. Sein Anliegen wird mit energi­schem Drive umgesetzt. Nur man­ches bleibt inhaltlich-tänzerisch etwas im Dunkeln. A propos: Das Thema Körper gehen sie mit Kontrasten an, auch hell?/dunkel, mit der Idee von Schichten oder der mehrfachen Person. Sieben schattenhaft schwarze Pappen in Form innig tanzender oder sich umarmender Leute, mit Rundun­gen und Neigungen an Knie, Hüf­te, Kopf, bevölkern den Raum. Mal stehen sie in Reihe, mal locker verteilt, oder sie huschen herum.

 

Dann trägt sie je ein Tänzer vor sich her, und der Schatten, der ihn verbirgt oder schützt, bekommt zwei Köpfe. Die Tänzer treten hervor, und ihre Kleidung verbirgt wiederum ihren Körper, manchmal auch das Gesicht. Jacken werden gewendet, ausgezogen. Einer von ihnen steht ohnehin schon fast nackt da, Adam Ster, wie ausgesetzt, er breitet die Arme aus, ein Jesus mit Schnauzbart, eine Figur immer etwas neben der Kappe. Später, im himmelblauen Shirt, torkelt er selig.

 

Viel Tanz geben sie her, sehr ansehnlich, ein luftiges Idiom mit raschen Klicks in den Gelenken und Gliedern, das ein wenig an William Forsythe erinnert, bei dem Reischl mal engagiert war. Ein Tanz, der kaum fassbar ist, keine Formen plant, betont, hinstellt, sondern, vielleicht im Sinne von »spirituell«, das Unsichtbare und das Bewegen selbst meint, samt Stimmungen, die es aufrührt.

 

Manchmal entströmen den Körpern Laute, drohendes Hauchen, erschrecktes Röcheln, freudige Juchzer, ein »Hier ist es!« und einmal ein Satz über Träume. Schatten der Gedanken in Körpern. Oder umgekehrt?