Tasche, welche Tasche? Hans-Jürgen Hafner stellt sich Düsseldorf

Schnitte durchs Rheinland

Hans-Jürgen Hafner übernimmt den Düsseldorfer Kunstverein

Was verschlägt einen in ein Gemeinwesen, in dem die adrette lederne Herrenhandgelenktasche mit Schlaufe noch genauso zum akzeptierten Accessoire gehört wie der spitz hochgezwirbelte Oberlippenbart? Vielleicht ist es der Ruf, sich neu zu erfinden, der so verlockend erscheint und über die eine oder andere Zumutung hinwegsehen lässt. Ein solcher Ruf jedenfalls erging an den Nürnberger und jetzt Ex-Berliner Hans-Jürgen Hafner, geboren 1972, der ab 1. September als Nachfolger von Vanessa Joan Müller die Geschicke des traditionsreichen Kunstvereins in Düsseldorf leiten wird.

 

Bislang glänzte Hafner vornehmlich mit überzeugenden Kritiken und Texten zum aktuellen Kunst- und Musikgeschehen in vielen maßgeblichen Publikationen. Und eher mit raren Ausflügen in das Metier des Ausstellungsmachers. Macht dies etwa einen Unterschied? »Difference, what difference?« könnte er mit dem Titel seiner vielbeachteten Ausstellung zum Berliner Art Forum 2008 salopp entgegnen. Mindestens einen Abstecher nach Köln hat Hafner ebenfalls vorzuweisen, schließlich kuratierte er im Sommer 2009 zusammen mit Max Mayer eine Ausstellung in der Temporary Gallery. Sie behandelte das Thema »Transparenz« mit dem verheißungsvollen Titel »Der Schnitt durch die Oberfläche legt neue Oberflächen frei«.

 

Jetzt wird sich zeigen, wie der durch britischen Post-Punk, Mancester Rave und Spex sozialisierte Mittelfranke die Institution des immerhin mitgliederstärksten deutschen Kunstvereins zu besetzen weiß. Das erste eigene Ausstellungsprojekt steht im kommenden Frühjahr zur Messezeit an, verraten möchte er dazu aber noch nichts. Ein präzises Bewusstsein für die Aufgaben und Möglichkeiten an diesem Ort darf man bei Hafner jedenfalls voraussetzen. Schließlich sind es vor allem die privat getragenen Kunstvereine, die durch die Vermittlung einer engagierten Kunstproduktion zu einem offenen Austausch hierüber einladen und darauf ihren emanzipatorischen Anspruch grün-den – indem sie mehrdeutige und komplexe Sichtweisen favorisieren, ohne sich von ideologischen Apparaturen vereinnahmen zu lassen.

 

Nach Hafner in Düsseldorf wünscht man sich für die anstehende Neubesetzung der Leitung des Kölnischen Kunstvereins eine ähnlich vielversprechende Lösung, die ihn durch augenscheinlich bedrohliche Zeiten zu manövrieren vermag. Schließlich verirren sich hin und wieder auch Herrenhandgelenktaschen in diese Rheinmetropole.