Sebadoh

Was kann man sich dafür kaufen, wenn man als »talentiertester Song­writer seiner Generation« gilt? Unter Umständen sehr viel, wenn man Bob Dylan oder Neil Young heißt. Oder aber ziem­lich wenig, wenn man aus einer Pop-Generation stammt, die Songwriter nicht besonders hoch schätzte, sondern lieber um Postrock, Techno, Drum’n’Bass oder Dancehall kreiste.

 

Lou Barlow, der gerade seinen 45. Geburtstag feierte, musste die­se Diskrepanz zwischen Kritikerlob und tatsächlichem Widerhall in der Szene immer aushalten. Barlow hatte 1989 Dinosaur Jr. (vielleicht die kanonischste amerikanische Indierock-Band) im Streit verlassen und initiierte mit Sebadoh, später auch mit Folk Implosion einen bis dato einzigartigen, nein: eigenartigen LoFi-Sound. Nicht Rock, aber noch kein Folk. Singer/Songwriter-Musik, aber die Songs kunstvoll zerstört durch Gitarrenlärm und eine bewusst kaputte Aufnahme-Ästhetik. Barlow war nicht zimperlich, mehrere hundert Songs dürfte er geschrieben haben, die meisten sind kaum ausgeführte Skizzen, eine permanente Rebellion gegen feinsinnige Arrangements und Klangmanierismen. In den Rock-Olymp kommt er damit nicht, und das ist ein gro­ßer Jammer. Denn Barlow ist der Schutzpatron aller Schluffis, der 90er-Gitarren-Nerds, der Slacker und Kneipen-DJs. Er repräsentiert eine Epoche.

 

Genau darum schert er sich nicht, das macht seinen Charme aus. Die meisten von uns dürften seit 15 Jahren kein Sebadoh-Album mehr gehört haben, aber er hat ja nie aufgehört. Mit J. Mascis hat er sich ausgesöhnt, sie gingen als Dinosaur Jr. wieder auf Tour und spielten zwei überraschend zeitgemäße, klargeistige Alben ein. Als Solokünstler hat er sich – nach zwanzig Jahren! – tatsächlich weiterentwickelt und mit »Goodnight Unknown« (2009) seine LoFi-Ästhetik zumindest verfeinert. Jetzt rockt er wieder mit Sebadoh, alle Schluffis werden da sein, es wird völlig unpeinlich, vielmehr warm und lustig. Und auch ein bisschen verstrahlt, wenn Barlow sich selbstvergessen durch seine eigentlich schönen Songs schrammelt.