Verweigerung und Euphorie

PTTRNS lassen ihren Pop nicht in gängige Formate pressen

Es ist also doch möglich: Auch als Kölner Band kann man Musik machen, die andockt an internatio­nale musikalische Hypes und dabei nicht als provinzieller Abklatsch wahrgenommen wird, sondern als state of the art. Die man in der Blogosphäre in gleicher Weise abfeiern kann wie eine Band aus Brooklyn, Manches­ter oder Montreal. Rhythmischen, Jam-basierten Dance-Rock mit Afro-Beat-Anleihen haben auch andere Bands schon gemacht, und auch der Gag mit dem Vokal-befreiten Bandnamen ist einem in letzter Zeit schon ein paar Mal untergekommen. Dennoch umweht das Trio PTTRNS, bei dem jeder alles spielen darf, die Aura des verdammt Coolen.

 

In der langjährigen Historie dieser kleinen Kolumne sind PTTRNS zudem der erste Act, mit dem es nicht möglich war, fristgerecht ein Interview anzuberaumen (»diese Woche ist einfach zu eng«), was entweder auf einen übervollen Terminkalender schlie­ßen lässt oder – und das ist wahrscheinlicher – auf ein demonstrativ zur Schau gestelltes Selbstbewusstsein der Presse gegenüber, auf deren Support man offenbar nicht allzu dringend angewiesen ist.

 

Eine aus dieser Nachlässigkeit herauslesbare Verweigerungshaltung zeigt sich auch am Veröffentlichungs-Zyklus der Band. Nach einem regulären Debüt-Album im vergangenen Jahr gibt es 2011 eine Serie von 12-inch-­Maxi-Singles, die jeweils einen neuen Song von PTTRNS und einen Remix eines weiteren PTTRNS-Tracks von einer befreundeten Band beinhalten. Dabei handelt es sich bei den jetzt vorliegenden ersten beiden Ausgaben nicht um große Namen, sondern mit »Down­town Party Network« und »Our Polite Society« um Acts aus Litauen und Amsterdam. 12-inch-Vinyl kennt man eigentlich nur noch aus dem Bereich der elektronischen Tanzmusik, bei einer Rockband wirkt diese Geste geradezu verschwenderisch. Die Haltung, die PTTRNS mit einfachen, aber effektiven Kniffs nach außen senden, ist verführerisch: Einer Band, die sich nicht in Formate zwängen lässt, traut man als Konsument auch kreative Freigeistigkeit zu. Kann sich nur um Vorreiter handeln.

 

Die Rechnung geht auf, weil PTTRNS tatsächlich originelle Musik machen, die weltweit verstanden werden kann. In Sachen Genre-Crossover greifen die Kölner zwar bekannte Konzepte auf, doch die Durchführung ist sehr eigen. Als originäre Live-Band begehen PPTRNS nicht den Fehler, ihre der elektronischen Tanzmusik entlehnten Einflüsse auch in die Produktionsweise umsetzten zu wollen. Soll heißen: Fehler sind willkommen! Die Four-To-The-Floor-Bassdrum darf menschliche Ungenauigkei­ten aufweisen, und auch der oftmals von allen Bandmitgliedern unisono vorgetragene Gesang darf wackeln und sich euphorisch überschlagen. Noch ein Pluspunkt: PTTRNS mögen Pop. Neben korrektem Kram von Can bis Battles sind ebenso guilty pleasures wie die Bee Gees oder Kajagogoo als Einflüsse auszumachen. Und das zeugt doch mal echt von Größe!

 

Tonträger: PTTRNS »Love Quest 1« und »Love Quest 2« (12”) sind bereits erschienen bei Altin Village & Mine/Cargo