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I See Lights lassen ihren Indie-Rock im Kollektiv entstehen

Auf der Bühne geben I See Lights ein schickes Bild ab: Vier junge Männer in engen Röhrenhosen und dunklen Hemden, allesamt Vollbärtträger der stylishen Sorte. Wo kommen die noch mal her? Brooklyn? Kopenhagen? Köln?! Tatsächlich! Dabei traut man einer hiesigen Indieband ein derart hohes Maß an ästhetischem Bewusstsein doch gar nicht zu. Die meisten stehen ja eher verschlufft auf der Bühne rum. Bei I See Lights hingegen hat man sogar beim Konzert im Blue Shell die große Bühne im Hinterkopf, denn dort gehört die Gruppe eigentlich hin.

 

Als Referenz drängen sich einige der erfolgreichsten Gitarrenbands des vergangenen Jahrzehnts auf. The Strokes, Interpol, The Killers: Die Gitarren dengeln wavig-monoton, der Bass setzt grollende Akzente, das Schlagzeug treibt mit zackigen Snare-Fills voran, und der Sänger legt darü­ber eine hymnisch-getragene Melodie. Dabei reichen die Einflüsse der Bandmitglieder natürlich weiter zurück. Bassist Martin ist ein hundertprozentiger Beatles-Jünger, während Sänger und Gitarrist Fiete vom Punkrock kommt, in letzter Zeit aber ein großes Faible für die 80er Jahre entwickelt hat: »Den Bands aus dieser Zeit wohnt immer eine gewisse Sperrigkeit und Melancholie inne«, findet er und nennt als Beispiele so unterschiedliche Acts wie die New-Wave-Frisuren-Combo A Flock Of Seagulls oder die queeren Bombast-Popper Franky Goes To Hollywood.

 

Waren Franky Goes To Hollywood jedoch vom Produzenten-Genie Trevor Horn am Reißbrett entworfen, so sind I See Lights das genaue Gegenteil: eine klassische Band-Band. Ihr Sound wird in gemeinsamer Arbeit im Probenraum gefrickelt. »Es gibt keinen Song, der nur von einem stammt«, erklärt Martin das Prinzip und berichtet von der ungewöhnlich kreativen Aufteilung, bei der neben Sänger Fiete ausgerechnet der Schlagzeuger derjenige ist, der für Texte und Melodien zuständig ist. Fiete wiederum schwärmt von dem Umstand, dass es sich bei der Rhythmusfraktion (Drummer Pepe und Bassist Martin) um Brüder handelt, die sich blind verstehen.

 

Überhaupt: Entscheidend für die Qualität eines Songs ist bei I See Lights die Art des Zusammenspiels. »›The Great Esacape‹ ist so ein Song, der live richtig erst nach zehn Monaten funktioniert hat«, erklärt Martin, »Songwriting ist das, was wir zusammen entwickeln, man ist voneinander abhängig.« Martin weiß, dass sich I See Lights auf dünnes Eis begeben, denn »englischsprachige Musik aus Deutschland ist grenzwertig«. Dennoch denkt er, dass deutsche Texte zu ihrer Musik einfach nicht passen würden. Und auch Fiete findet »auf Deutsch singen nicht authentisch«. Vielleicht ist das der Grund, weshalb bislang kein Plattenlabel angebissen hat und das eigentlich komplett fertige Album noch seiner Veröffentlichung harrt. An der musikalischen Qualität liegt es nicht.