Ein Trauerspiel

Die KunstFilmBiennale fällt dieses Jahr aus. Chronik einer Selbstdemontage

Der Erfolg hat viele Väter und Mütter, der Misserfolg ist ein Waisenkind. Diese alte Weisheit bewahrheitet sich auch im Fall der KunstFilmBiennale, die im November zum fünften Mal in Köln und Bonn stattfinden sollte und nach einem unrühmlichen Trauer­spiel auf 2012 verschoben wurde. Wie so oft im Kölner Kulturleben sind die Probleme hausgemacht.

 

Die Gründung der KunstFilmBiennale war 2003 (nach einem »Vorspiel« im Jahr zuvor) ein echter Coup. Künstler, Kuratoren und Kritiker redeten davon, dass sich Kino und Kunst immer näher kommen, und die Kunst- und Medienstadt Köln hatte plötzlich ein Festival, das sich exklusiv dem angesagten Thema widmete. Als maßgebliche Träger fanden die Stadt Köln, die SK Stiftung Kultur und die Kunststiftung NRW zusammen, der Kunst­kritiker Heinz Peter Schwer­fel übernahm die künstlerische Leitung. Seit 2004 wird im Rahmen der Biennale der mit 25.000 Euro dotierte Preis der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst verliehen, 2009 kam die Landesregierung als potenter Förderer hinzu. Mit ihrer Hilfe sollte das Festival weiter organisch wachsen und in absehbarer Zeit zu einem Aushängeschild der nordrhein-westfäli­schen Festival­szene werden. Allerdings stiegen die Besucherzahlen nicht im selben Maße wie die Erwartungen; dass der als Stargast geladene Hollywood-Regisseur Gus Van Sant seine Teilnahme 2009 kurzfristig wieder absagte, war ein weiteres Warnsignal.

 

Schon in der Frühphase wurde das Festival von Störgeräuschen begleitet. So mischten sich einige Förderer wiederholt in die Belange des künstlerischen Leiters ein und wollten etwa die Berufung von Kuratoren mitbestimmen; auch sollen sich Professoren der Kölner Hochschulen beschwert haben, ihre Studenten kämen in den Programmen nicht ausreichend vor. Mit der folgenden Selbstdemontage des Festivals war trotzdem nicht zu rechnen: Im Oktober 2010 wurde Heinz Peter Schwerfel mitgeteilt, dass sein Vertrag nicht verlängert werde und er sich auf seine angestammte Stelle neu bewerben könne. Schwerfel interpretierte diese auch für die Öffentlichkeit völlig überraschende Entscheidung als zweitklassigen Rausschmiss und beklagte in einer Presseerklärung, man habe ihn ohne Angaben von Gründen vor die Tür seines eigenen Festivals gesetzt.

 

Davon wurden nun wiederum die beiden federführenden Veranstalter, die SK Stiftung Kultur und die Kunststiftung NRW, kalt erwischt. Regina Wyrwoll, Generalsekretärin der Kunststiftung, schob rasch eine notwendig gewordene konzeptionelle Erneu­erung des Festivals als Trennungsgrund nach, und Hans-Georg Bögner, Geschäftsführer der SK Stiftung Kultur, assistierte, indem er auf angebliche Unstimmigkei­ten zwischen der künstlerischen Leitung und der VG Bild-Kunst verwies. Auf Nachfrage der StadtRevue lehnte deren Geschäftsführendes Vorstandsmitglied Gerhard Pfennig jedoch jede Verantwortung ab. »Die VG Bild-Kunst«, so Pfennig, »hat zu keinem Zeitpunkt gesagt, Herr Schwerfel soll weg.« Angesichts dieser unglücklichen Öffentlichkeitsarbeit verwundert es nicht, dass die Gerüchteküche bis heute brodelt. Am hartnäckigsten hält sich die Vermutung, ein Bericht des Kölner Stadt-Anzeigers, in dem Schwerfel als »Erfinder« der KunstFilmBiennale vorgestellt wurde, habe die schwelenden Eifer­süchteleien zwischen den Grün­dungsvätern und -müttern des Festivals auf unvorhersehbare Weise angefacht.

 

Im Februar 2011 hatten die Veranstalter einen neuen künstlerischen Leiter gefunden und sich darauf geeignet, dass im laufenden Jahr eine Interimslösung mit Bild-Kunst-Preisvergabe und 2012 die nächs­te reguläre Festivalausgabe stattfinden sollte. Allerdings fehlte jetzt eine organisatorische Leitung. Die Kölner Firma KOMED, zu deren Gesellschaftern pikanterweise die SK Stiftung Kul­tur gehört, wollte unter den geänderten Umständen nicht weiter machen. Seitdem ist es den Veranstaltern nicht gelungen, eine Projektagentur zu finden, die das von ihnen entworfene Festivalkonzept als Geschäftsgrund­lage akzeptiert.

Schließlich zogen sich Wyrwoll und Bögner in ihre jeweiligen Schmollwinkel zurück und überließen es der nordrhein-westfälischen Landesregierung, im August offiziell zu bestätigen, was ohnehin niemanden mehr überraschen konnte: Die KunstFilmBiennale 2011 fällt aus. Zur Begründung hieß es, die Träger hätten sich, so Pressesprecherin Stephanie Paeleke-Kuhlmann, »nicht auf eine gemeinsame Trägerstruktur einigen können«. Immerhin kam aus dem zuständigen Ministerium auch eine gute Nachricht: 2012 soll es weitergehen.

 

Davon ist allerdings längst nicht jeder überzeugt. Dem Vernehmen nach hat es nämlich keinesfalls am guten Willen der Beteiligten gefehlt. Vielmehr wollen von der Stadt Köln bis zum Land NRW alle Partner die KunstFilmBiennale unbedingt erhalten, und trotzdem ist es den Veranstaltern nicht gelungen, sich aus der Zwangslage, in die sie sich gebracht haben, wieder zu befreien. Im Oktober steht nun erst einmal ein großes Stühlerücken in der Kunststiftung NRW an. Fritz Behrens wurde zum neuen ehrenamtlichen Präsidenten gewählt, am Monatsanfang übernimmt Ursula Sinnreich, bisher Leiterin des Internationalen Zentrums für Lichtkunst in Unna, den Posten der Generalsekretärin. Sie sollten die Sache rasch angehen, denn mittlerweile macht bereits das nächste Gerücht die Runde: Dass die KunstFilmBiennale unter anderem Namen, aber mit Bild-Kunst-Preis in eine andere Stadt umzieht. Es wäre der Schlussvorhang für ein typisches Kölnisches Kulturschauspiel.