Schräger Vogel Jugend
Oliver Tate ist ein Fünfzehnjähriger, der sich und seine pubertären Nöte so wichtig nimmt, dass er sich gerne ausmalt, ein Kamerateam würde ihm auf Schritt und Tritt folgen. Wie er sich die filmischen Resultate dieser Wunschfantasie vorstellt, bekommen wir sogleich zu sehen: Eine kurze Super-8-Sequenz rekapituliert die jüngste Episode seines Lebens, mit einem Exklusivtrack des Arctic-Monkeys-Frontmanns Alex Turner unterlegt, assoziativ montiert, Titelsequenz inklusive. Das geschieht im Rahmen eines Spielfilms, dessen unumschränkte Hauptfigur Oliver ohnehin ist. »Submarine« ist also das Dokument jugendlichen Größenwahns.
Der Teenager bestimmt die Erzählperspektive dieses Coming-of-Age-Films, und er kommentiert das Geschehen ständig aus dem Off. Das gibt Richard Ayoade, der vor allem als britischer TV-Komiker bekannt ist, in seinem ebenso amüsanten wie bitteren Spielfilmregiedebüt Gelegenheit zu einer verspielten Erzählstruktur, die für jede Nebenbemerkung Olivers eine pointierte Illustration parat hält. Währenddessen verfolgt der lockere Plot zwei klar benannte Ziele des Jungen: vor dem 16. Geburtstag seine Unschuld zu verlieren und die Ehe der Eltern zu retten. Ayoade beweist dabei einen Stilwillen, dessen Souveränität seinem Protagonisten gewiss imponieren würde, denn der ist bei seiner pubertären Selbstfindung gleichermaßen um Originalität und Geschmackssicherheit bemüht. Seit den Jugendjahren der Nouvelle Vague wurden wohl nicht mehr mit solchem Gusto alle Stilmittel eingesetzt, die Kamera und Schnitt so hergeben.
Indem der Film jugendlichen Überschwang formal reflektiert und zugleich naivem Teenager-Pathos eine Stimme gibt, lässt er aber auch all die lächerliche Selbstbezogenheit zutage treten, derer sich nachträglich jeder schämt, dessen eigene Jugend vorbei ist. Wenn Oliver und seine große Liebe Jordana ausgerechnet durch Schikanen gegen eine übergewichtige Mitschülerin zueinander finden, desavouieren sie sich früh selbst, wobei Ayoade uns aus einer ironischer Distanz zuschauen lässt, die von Wes Anderson inspiriert scheint.
Sympathische Reife beweist diese Verfilmung eines Romans von Joe Dunthorne, die die Handlung der Vorlage in die mittleren 1980er verlegt, zudem in einem anderen Punkt: Die herrlich groteske Zeichnung aller Erwachsenen in »Submarine« scheint die verzerrte Sicht der Jugend auf die ältere Generation zu spiegeln. Aber in Olivers und Jordanas Sorge um ihre Eltern schwingt zugleich eine Heidenangst mit, deren Kindlichkeit wirklich entwaffnend ist.
Submarine (dto) GB 2010, R: Richard Ayoade, D: Craig Roberts, Yasmin Paige, Sally Hawkins, 97 Min. Start: 17.11.