»Der Dr. Thoma hatte immer solche kreativen Ansätze«

Helmut Breuer war Geschäftsführer der Magic Media Company und mitverantwortlich für den Bau des Coloneums in Köln-Ossendorf. Jetzt ist der Medienmacher nach wiederholten Streitigkeiten aus dem MMC-Gesellschafterkreis ausgeschieden. Thomas Voburka sprach mit ihm über große Pläne, hinderliche Eitelkeiten und kleine Freuden.

StadtRevue: Herr Breuer, was machen Sie im Moment?
Breuer: Ich bin Filmproduzent und bereite das Projekt »Pnin« vor, eine Verfilmung des gleichnamigen Nabokov-Romans.
Klingt nicht gerade nach einem Kassenknüller.
Das haben die Leute bei »Amelie«, an dem wir beteiligt waren, auch gesagt, und jetzt hätte der Film fast den Oscar gekriegt.
Wie kamen Sie als Kranunternehmer eigentlich zum Film?
Vor zehn Jahren kam der Adam Musialik (RTL-Programmdirektor, d. Autor) auf der Suche nach einer geeigneten Halle für eine Fernsehproduktion hier auf unser Gelände nach Hürth und fand ein Gebäude, das ihm gefiel.
Trotzdem haben Sie ein neues Studio gebaut?
RTL wollte so viele Änderungen, dass das billiger kam. Ein Studio war das eigentlich nicht, eher eine Kartoffelkiste – ohne Heizung und Klimaanlage. Caterina Valente hat dann bei der Aufzeichnung zur »Peter-Kraus-Show« im Mantel geprobt, weil es in der Halle so kalt war.
Damit war RTL zufrieden?
Die waren unter Zeitdruck. Der Musialik hat damals, acht Tage vor Weihnachten, das 1.600 Quadratmeter große Studio auf einen Notizblock skizziert – und bis Ende Januar sollte das fertig sein. Haben wir auch geschafft.
Aber eine Baugenehmigung dauert doch einige Monate?
Nicht in Hürth. Der Bürgermeister schrie: »Hurra, RTL kommt in den Erftkreis!« Vom Bauantrag haben wir dann nur das Deckblatt abgegeben.
Das lief ohne Probleme?
Schon nach einer Woche wurde die Baustelle stillgelegt. Wir haben dann beim Bürgermeister angerufen, und der hat gesagt: »Weiterbauen.« Das haben wir auch gemacht.
Und wer hat die Bußgelder bezahlt?
Wir. Das hat uns die gesamte Kalkulation zerstört. Doch die Herren Politiker haben gesagt: »Wir können doch keinen Einfluss auf die Gesetze nehmen.«
Trotzdem haben Sie weitergemacht?
Wir haben schon schlecht geschlafen, aber immer wenn sich eine Gelegenheit bot, dann haben wir Breuers die auch genutzt.
Deshalb wollten Sie die weiß-blauen »Breuer-Kräne« auch an den Fußballstadien aufstellen?
Das war Helmut Thomas Idee. Der sagte: »Wir stellen eure Kräne an den Ecken des Stadions auf, positionieren oben die Kameras, und übertragen die Bundesliga für lau.« Der Dr. Thoma, der hatte immer solche kreativen Ansätze.
Welcher Art?
Die Stärke von Helmut Thoma war das nicht organisierte Chaos. So hat er RTL an die Spitze gebracht: Oben gethront, und darunter ließ er einfach geschehen. Da wurde zwar massig Geld eingenommen – doch genauso viel ging auch wieder raus.
Wann haben Sie das gemerkt?
Ich hatte ja die MMC gegründet und noch ein paar Studios – zum Beispiel für Hella von Sinnen und Hans Meiser – gebaut. RTL ist dann mit rein und hat die Geschäftsführung gemacht. Nach knapp zwei Jahren hab’ ich gemerkt: »Hoppla, da gibt es ein finanzielles Problem.«
Dann haben Sie selbst den Geschäftsführer gemacht?
Mein Bruder und ich hatten einfach Angst, dass das Geld aus dem Verkauf der Kranfirma den Bach runter geht. Da hab’ ich mich selbst als Geschäftsführer inthronisiert.
Und aufgeräumt?
Die MMC hatte ja als Logo das Einhorn, das nach unten in den Abgrund sprang – das war auch die Richtung der Firma. Da sagte ich: »Leute, wir brauchen eine Richtungsänderung« – seitdem zeigt das Einhorn nach oben.
Das reichte, um die MMC zu sanieren?
Ich habe der Belegschaft die Wahrheit gesagt, die zehn »Leistungsträger« abgebaut und dann vor allen Dingen dafür gesorgt, dass die Abhängigkeit von RTL aufhört. Die hatten ja nichts dagegen getan, dass sich in unmittelbarer Nähe die NOB-Studios ansiedeln. Die haben das ja sogar noch gefördert – bis der Meiser dann zu den Holländern (NOB, d. Autor) überlief.
Aber Konkurrenz belebt doch das Geschäft?
Normalerweise ja. Da haben auch alle von profitiert – nur nicht die Breuers.
Trotzdem haben Sie immer weiter Studios gebaut?
Wir haben ja auch tüchtig akquiriert, Columbia Tri Star geholt, Sat 1, PRO 7, ZDF, ...
Und dann wollten Sie weiterexpandieren?
Dann durften wir plötzlich ein Grundstück der REWE nicht mehr aufkaufen. Da hab’ ich schnell gemerkt, der Ruschmeier (damaliger Kölner Oberstadtdirektor, d. Autor) hat dazwischengefunkt.
Warum?
Der Ruschmeier hat klipp und klar gesagt: »Ich will die Medien nach Köln.« Letztlich war das die Geburtsstunde vom Coloneum in Ossendorf.
Dabei gab es doch schon genügend Studios, nur 300 Meter von der Stadtgrenze entfernt.
In Hürth – aber eben nicht in Köln. Unterschätzen Sie nicht die Eitelkeit der Politiker. Außerdem war das Coloneum ganz anders geplant. Das sollte sich nicht nur über Filmproduktionen, sondern auch über Karnevalsveranstaltungen und Events finanzieren.
Und »007« sollte dafür die Werbetrommel rühren?
Ich hatte mit dem James-Bond-Produzenten einen Handshake-Deal, dass in den Ossendorfer Studios gedreht werden soll. Leichtfertig, wie ich damals noch war, habe ich das einem Politiker gegenüber erwähnt, schon stand in England in der Zeitung: »Nach Rolls-Royce klauen uns die Deutschen auch noch James Bond.« Da war die Sache schlagartig tot.
Warum wurde nicht nach Ihren Plänen gebaut?
Weil man als Kreisklasse-Fußballer nicht in der Champions-League spielen kann.
Kreisklasse? Champions-League?
Die hohen Herren von der Politik. Die sind die Champions-League. Ein Kreisklasse-Kicker wie der Breuer stört da nur.
Hatten Sie eigentlich lange geplant?
Das erzähle ich ungern, weil mir das keiner glaubt. Ich habe das Coloneum an einem Wochenende entworfen – und das wurde dann abgenickt!
Von wem?
Von allen Beteiligten: Land NRW, Stadt Köln und Esch-Oppenheim-Immobilienfonds.
Ein Bauvorhaben von 500 Millionen Euro?
»Mach mal«, haben die Freitagmittag gesagt. Und Sonntag musste das fertig sein.
Sie haben dann relativ schnell die Geschäftsführung der MMC niedergelegt.
Das war eine bitterschöne Erfahrung. Ich bin zum Jahreswechsel 2000/2001 aus der Geschäftsführung raus. Ich hatte bemerkt, dass ich nichts mehr bewirken kann, und habe meinen Nachfolgern (Mike Krüger und Gereon Sommerhäuser, d. Autor) zügig Platz gemacht.«
Die haben bisher aber nicht allzu viel bewirkt?
Das einzige, was ich meinen Nachfolgern vorwerfen kann, ist, dass sie überhaupt keine Produktion mehr nach Ossendorf geholt haben. Ich habe immerhin acht Spielfilme gemacht.
Nach ihrem Ausscheiden wurden Vorwürfe laut, sie hätten sich an dem Projekt durch staatliche Subventionen bereichert?
Ich habe doch den ganzen Bau erst möglich gemacht, indem ich unser Grundstück in Hürth in den Esch-Oppenheim-Immobilienfonds eingebracht habe. Das Darlehen darauf läuft bis zum heutigen Tag – und wir haften auch noch dafür.
In der Öffentlichkeit gelten Sie aber weiterhin als Schuldiger für die Misere.
Das ist klar. Ich bin ja auch keine Institution wie die Stadtsparkasse oder RTL, sondern eine greifbare Privatperson. Darüber hinaus gelten wir Breuers als wohlhabend.
Sind Sie das nicht?
Mehr als Essen und Trinken kann man sowieso nicht. Schön wohnen, ein schönes Auto fahren, drei Packungen Camel am Tag – das reicht.
Welches schöne Auto fährt Helmut Breuer?
Bentley. Aber schreiben Sie das lieber nicht!
Warum? Das ist doch keine Schande.
(Breuer schmunzelt verlegen) Na ja. Dann sagen wieder alle: »Der alte Geldsack.«
Sie haben doch nichts gegen das Image des Bösewichts.
Ich habe früher immer leidenschaftlich gerne »Dallas« geguckt. Miss Elly war da nicht so mein Geschmack. Eher J.R. Von dem hab’ ich mir einiges abgeguckt.


Die Breuer-Biografie

Eigentlich war Helmut Breuer Bauunternehmer. Gemeinsam mit seinem Bruder Bernd hatte er die Kran-Firma des Vaters von der »viertgrößten« in Köln zur »größten der Welt« gemacht. Anfang der 90er-Jahre, in der Boomzeit der privaten Fernsehsender, gründeten die Breuers dann die Magic Media Company und errichteten in Partnerschaft mit RTL 20 Fernsehstudios auf ihrem Firmengelände in Hürth. Vom Erfolg und von der Politik angespornt, beschloss Helmut Breuer zu expandieren. Mit dem Coloneum in Köln-Ossendorf entstand die »größte europäische Film- und Fernsehstadt«– mittlerweile eine Geisterstadt. Die anderen MMC-Gesellschafter – die Stadtsparkasse Köln, RTL und Pro7 – sahen in Breuer den Schuldigen für die Misere: Anfang 2001 musste er (freiwillig) die Geschäftsführung verlassen, jetzt auch den Gesellschafterkreis der MMC.