Drei Männer und kein Archiv: Szene auf der Severinstraße, Foto: Eusebius Wirdeier

Alltag über und unter Tage

Ein Archiv sammelt und bewahrt Zeugnisse jeder Art vor dem Vergessen. Wer aber bewahrt das Archiv vor dem Vergessen? Der Kölner Fotograf Eusebius Wirdeier dokumentiert in seinem Fotoband »Zeitraffer Waidmarkt. Bildarchiv 2004-2011« die Veränderungen, die die Severinstraße zwischen St. Georg und Friedrich-Wilhelm-Gymnasium durch den Bau der Nord-Süd-Bahn zu erleiden hatte.

 

Im Zentrum der Bildstrecke des 61-Jährigen steht das Historische Archiv, vor und nach seinem Einsturz im März 2009. »Das Archiv wurde im Viertel überhaupt nicht richtig wahrgenommen«, sagt Wirdeier. Deshalb brauche der verschwundene Bau eine »Erinnerungsstütze«. Wie ruppig und brutal gerade an dieser Stelle der Severinstraße unterschiedliche Baustile und Proportionen aufeinanderstießen, das wird dem Betrachter erst durch diese Dokumentation klar. Klar wird auch, dass dieses Viertel seit inzwischen sieben Jahren mit ständigen Absperrungen leben muss. Kaum ein Bild, auf dem nicht Absperrgitter in Rot-Weiss auftauchen.

 

Der Band zeigt den Alltag über und unter Tage mit Bauarbeitern, Archä­ologen, Feuerwehrleuten, Passanten, Karnevalisten, Demonstranten, beschwört den Verlust und stellt die auch Frage nach der Zukunft. Wirdeier selbst engagiert sich seit dem Einsturz in der Bürgerinitiative Statt Archiv, die am alten Archivstandort auch einen Ort des Gedenkens einrichten möchte. Eine Auswahl an Fotos aus Wirdeiers Langzeitdokumentation ist jetzt auch in der Ausstellung »Drunter und drüber. Der Waidmarkt. Schauplatz Kölner Geschichte« im Kölnischen Stadtmuseum zu sehen.

 

Kölnisches Stadtmuseum, »Drunter und drüber. Der Waidmarkt.

Eusebius Wirdeier: Zeitraffer Waidmarkt, Bildarchiv 2004-2011,

Verlag der Eusebius-Werke, Köln 2011, 24 Euro