Ein Clown sieht rot

Politische Horror-Groteske: »Mad Circus« von Álex de la Iglesia

Spanien in den letzten Monaten des Bürgerkrieges. Die Faschisten sind auf dem Vormarsch, die Republikaner heben ein letztes Aufgebot aus – in einem Zirkus. Der lustige Clown bekommt eine Machete in die Hand gedrückt und erweist sich als wahrer Meis-ter des Hackfachs. Im Kampfes-taumel erledigt er mit traumgleicher Sicherheit fast alles, was sich ihm entgegenstellt. Aber eben nur fast. Der lustige Clown endet auf einer Baustelle, wo er mit tausenden von anderen Geknechteten das monströseste aller Monumente des spanischen Faschismus’ hochzuziehen hat, das Valle de los Caídos (»Nationalmonument des Heiligen Kreuzes im Tal der Gefallenen«).

 

Kurz vor seinem Tod kann er seinem kleinen Sohn noch einen Rat mit auf den Weg geben: Er solle auch Clown werden, aber ein trauriger, da er den lustigen nicht in sich habe.

 

Ein halbes Menschenleben später, in den Jahren 1972/73, spaßt sich der Sohn mehr schlecht als recht durch das spätfaschis-tische Spanien. Er wird sich auf sehr, sehr eigene Art und Weise seines Vaters als würdig erweisen. Und es wird sich zeigen, dass man zwar Francos rechte Hand Luis Carrero Blanco einfach in die Luft sprengen kann, es aber unendlich schwer ist, den Faschisten als solchen aus der spanischen Kultur zu bannen.

 

Offenbar hat es bei Álex de la Iglesia (»Perdita Durango«) Klick gemacht, denn hier ist es: das Meisterwerk, von dem man nicht glaubte, dass er es in sich trägt. Auf billig demente Art Spaß gemacht haben seine Arbeiten immer wieder – intellektuell und emotional rund war aber keine. Umso erstaunlicher ist nun »Mad Circus«. Wie alle Filme de la Iglesias bislang hat auch dieser Sinn fürs sardonisch Übertriebene bis krass Hysterische. Wenn sich zum Beispiel der traurige Clown in einem Augenblick der Raserei das Gesicht mit ungelöschtem Kalk weißt und die Wangen und Lippen mit einem glühenden Bügeleißen rötet, oder wenn man sieht, wie der greise Franco mit wenigen Gesten den traurigen Clown zum Jagdhund abrichtet.

 

Das passiert in einer vergleichsweise stillen Szene, die en passant eine Dekade francokritischen Filmemachens zwischen Carlos Sauras »Die Jagd« (1965) und José Luis Boraus »Wilderer« (1975) klug verdichtet. Das ist neu bei de la Iglesia: Bislang gefiel er sich darin, Zitate wie Gekröse wohlfeil zu halten – hier aber entwickelt er zum ersten Mal in seinem Schaffen aus wenigen, präzise gewählten Referenzen (u.a. Luis Buñuel) eine klar durchdachte künstlerische, und auch politische Vision von apokalyptischer Mächtigkeit. Wer wissen will, warum Spanien politisch so tief im Dreck steckt, findet in »Mad Circus« die Gründe dafür.