Occupy Wallraf

Wie steht es um den Kunstgeschmack des Publikums? Wie vermittelt sich die ältere Kunst? Welchen Stand hat das Haus bei den Bürgern? Das Wallraf-Richartz-Museum hat sich im 150. Jubiläumsjahr diese Fragen, teils unverhofft, beantwortet. 

 

Zum Jahresbeginn gab es »Cabanel by Christian Lacroix«. Eine Ausstellung, an der sich die Geister schieden, weil sie das Geschmacksurteil regelrecht provozierte. Zum Festakt folgte »Tatort Museum«, eine didaktische Schau zum Thema Museumsarbeit, zu der drei hochkarätige Dauerleihgaben präsentiert wurden – finanziert von den privaten und öffentlichen Förderern des Museums.

 

Das Jubiläum ist vorbei und damit bald auch die Depot-Schau »Panoptikum«. Hier ist ein Teil dessen zu sehen, was sonst dichtgedrängt an kühlen Gitterwänden ruht. »Zu groß, konservatorisch schlecht erhalten, thematisch unpassend oder nicht echt« – Argumente, die dagegen sprechen, die Werke in der ständigen Sammlung zu zeigen, denn dort ist der Platz rar. Der Oberbürgermeister ließ sich beim Festakt zu einer mündliche Zusage des Museumsanbaus auf dem Kutz-Areal hinreißen, was Direktor Andreas Blühm in puncto Ausstellungsfläche zumindest für die Sammlung Corboud hoffen lässt.

 

An »Panoptikum« überzeugt das zwanglose Konzept. Die 500 Bilder wurden, vollkommen unprätentiös, nach Format gehängt. Klein neben groß, quer durch die Jahrhunderte, Informationen zu den Bildern gibt es in einem lapidaren Ausstellungsbegleiter. Der Besucher war gefragt sein Lieblingsbild zu küren, das dann für ein Jahr in die ständige Sammlung kommt. Die erste Wahl fiel auf »Vergib uns unsere Schuld« von Walter Firle (1893) – klassische Salonmalerei des 19. Jahrhunderts. »Sozialer Kitsch«, urteilt Museumsdirektor Blühm.

 

Man kann mutmaßen, womit das Ergebnis zusammenhängt, handelt es sich bei dem Bild doch um das größte der Ausstellung. Nicht desto trotz: Der große Besucherandrang und die engagierte »Wahlbeteiligung«, bei der fast jedes Bild zumindest eine Stimme abbekam, zeigen, dass es enorm wirkungsvoll sein kann, alles Didaktische und Vor-Interpretierte bei Seite zu schieben.