Hoch lebe die Schulkönigin

Frauenporträt I: Young Adult von Jason Reitman

Am Morgen erwacht Mavis auf dem Bauch liegend in ihrem Apartment. Während die verkaterte Blondine ins Bad tapst, ihr Handtaschenhündchen missmutig beiseite schiebt und schließlich den Rechner anschaltet, säuselt im Fernsehen eine Doku-Soap. Mavis ist 37 Jahre alt, geschieden, verträgt mehr Alkohol, als gesund ist, und schreibt Jugendromane für Highschool-Mädchen, wie sie selbst mal eines war. Bei einem Date macht sie »Ürg«, als der Typ seine soziale Arbeit in der »Dritten Welt« erwähnt, und landet doch mit ihm im Bett. Auf ihr Aussehen kann sich Mavis immer noch verlassen, und außerdem, findet sie, hat sie es für eine ehemalige Kleinstadtpomeranze ganz schön weit in der Großstadt gebracht.

 

Oder doch nicht? Als eine E-Mail meldet, dass ihre einstige Highschool-Flamme Vater geworden ist, beginnt es in Mavis zu arbeiten. Am nächsten Morgen lässt sie den gesichtslosen Kerl in ihrem Bett weiterschnarchen und macht sich auf den Weg in die Vergangenheit. Sie will »ihren« Buddy zurückhaben, koste es, was es wolle. Warum, weiß sie wahrscheinlich selber nicht, und wenn das Ganze auf eine seelische Selbstmordmission hinausläuft, ist ihr das auch egal.

 

Aus seinen Filmen »Thank You for Smoking« und »Up in the Air« geschlossen hat Jason Reitman von Menschen im Allgemeinen keine allzu hohe Meinung und ganz besonders nicht von Frauen. Für »Young Adult« ist das ein unschätzbarer Vorteil, weil nichts schlimmer wäre, als eine um unsere Sympathien buhlende Mavis. Die ist nämlich genau richtig, so wie sie ist: selbstsüchtig, gehässig, schlagfertig, versnobt und ganz offensichtlich in der Traumwelt ihrer Highschool-Jahre steckengeblieben. Den eins­tigen Mitschülerinnen gefriert bei ihrem Anblick jedenfalls das Blut, bei einem Verehrer, der es besser wissen müsste, gerät es dagegen ordentlich in Wallung.

 

Ein derart ungeschminkt soziopathisches Frauenporträt hat man lange nicht mehr gesehen, was letztlich aber doch vor allem das Verdienst von Diablo Cody und Charlize Theron ist. Erstere schrieb auch das Drehbuch zu Reitmans »Juno« und lässt die Heldin erneut kein Blatt vor den Mund nehmen, während sich Theron überhaupt keine Mühe gibt, ihre Figur irgendwie liebenswert erscheinen zu lassen. Im Grunde benimmt sich Mavis einfach nur so unausstehlich wie ein Mann und wird dafür nicht einmal bestraft, wie es sonst so üblich ist in Hollywoodfilmen. Am Ende könnte man sogar neidisch darauf werden, dass sie in ihrer selbstgeschaffenen Hölle geradezu glücklich wirkt.

 

Young Adult (dto) USA 2011, R: Jason Reitman, D: Charlize Theron, Patton Oswalt, Patrick Wilson, 94 Min. Start: 23.2.