Foto: Manfred Wegener

Kitschburg: die Zweite

Frauen fordern durch Hausbesetzung ein

selbst verwaltetes Zentrum

Falls Sie sich dessen noch nicht bewusst sind, aber die Besetzung eines Grundstückes, welches in fremden Eigentum steht...stellt eine strafbare Handlung dar (Hausfriedensbruch).« Die FDP-Ratsfraktion scheint neuerdings Expertin auf dem Gebiet Hausbesetzung zu sein. Das zumindest lässt ihre schriftliche Reaktion auf die Besetzung einer ehemaligen Grundschule durch etwa 20 Frauen zwischen 18 und 30 Jahren im Mai dieses Jahres vermuten. Zwei Wochen lang veranstalteten die Besetzerinnen im Gebäude an der Kitschburgerstraße in Braunsfeld Diskussionsveranstaltungen, Partys und Volxküche, um so ihrer Forderung nach einem autonomen Frauenwohnprojekt mit integrierten Büroräumen, Werkstätten und Kulturzentrum Nachdruck zu verleihen. Nachdem die Stadt Verhandlungsbereitschaft signalisierte, verließen sie das Gelände freiwillig.

Frauenamt signalisiert Gesprächsbereitschaft

In der Stadtverwaltung hört man das Wort »Kitschburg« inzwischen ungern. Im Juli kam es, nachdem der Gesprächstermin immer weiter nach hinten rückte, erneut zu einer Besetzung. Der gewählte Ort war provokativ: eine Halle der Häfen und Güterverkehr Köln AG (HGK), direkt neben dem Sportmuseum und Teil des prestigeträchtigen Bauprojekts Rheinauhafen. Auf Anfrage verwiesen sowohl das Vorzimmer des Baudezernenten als auch das Presseamt mit der Bemerkung: »Dafür ist das Frauenamt zuständig« an die Frauenbeauftragte Christine Kronenberg. Man stehe den Forderungen der Frauen wohlwollend gegenüber, hieß es dort. Schriftliche Anfragen nach möglichen Mietobjekten seien an die zuständigen Dezernate weitergeleitet worden, ein Gesprächstermin für den 16. Juli anberaumt.

Existenz von Frauenprojekten durch Haushaltskürzungen bedroht

Doch in Zeiten, in denen an allen Stellen Gelder gekürzt würden, sei das Projekt der »Kitschburgmädchen« nicht so leicht zu verwirklichen, so Kronenberg. Tatsächlich ist die Existenz vieler seit Jahren etablierter Frauenprojekte in Köln wie z.B. agisra oder Frauen gegen Erwerbslosigkeit durch Kürzungen im städtischen Haushalt bedroht. Trotzdem betont OB Schramma bei offiziellen Anlässen gerne den hohen Stellenwert von Frauenförderung in der Kölner Politik.

Selbstständigkeit statt Opferrolle - Schon sinkt die Bereitschaft zur Unterstützung

An einem neuen Projekt wie der Kitschburg, bei dem Frauen nicht notwendigerweise als hilfsbedürftige Opfer gesehen werden, sondern ein Freiraum für selbstständiges Arbeiten, alternatives Wohnen sowie politische Initiativen geschaffen werden soll, scheint man folglich kein Interesse zu haben. Das legt auch der Brief der FDP an die Kitschburgerinnen nahe: »Die FDP-Ratsfraktion sieht keinen Bedarf für ein von Ihnen gefordertes Frauenzentrum. In Köln existieren eine Vielzahl von Einrichtungen... insbesondere ... für Frauen, die Gewalt ausgesetzt waren oder noch sind... Für Lesben existiert schon seit langem die Einrichtung Schulz (Schwulen und Lesben Zentrum). Nach unserem Kenntnisstand fühlen sich Frauengruppen dort sehr wohl.«

Aktueller Nachschlag: Das Gebäude auf dem HGK-Gelände wurde inzwischen geräumt. Bei dem Gespräch am 16. Juli mit VertreterInnen der Stadt, machten diese, anders als zugesagt, keine Vorschläge für alternative städt. Gebäude als neue Kitschburg-Heimat. Stattdessen gab es Vertröstungen und die Aufforderung, das Konzept nochmals detailiert darzustellen und schriftlich bei den zuständigen Ämtern einzureichen. Die Kitschburgerinnen organisieren indessen weiterhin Veranstaltungen »im Exil« im Ladengold.
Infos: www.kitschburg.net, Kontakt: kitschburg@gmx.net