Mal draufhauen, mal wegsehen

Regisseur Niklas Schulz ­debütiert mit einem

Polizisten-Stück an der Studiobühne

Polizist sein, das ist ein Dasein im Widerspruch. In Hundertschaften marschieren sie als Ro­bocops an Bahnschienen auf, wenn Demonstranten fordern, Atom­energie sei kein Wirtschaftszweig, sondern eine öffentliche Angelegenheit. Mit Wasserwerfern und Tränengas gehen sie gegen Antifaschisten vor, weil ein Innenminister ein »Zeichen für das Funktionieren des deutschen Rechtsstaates« setzen will. Aber zu ihren Pflichten zählt auch, den brutalen Schläger einzukassieren oder für Ruhe zu sorgen.

 

Diese Ambivalenzen der Polizeiarbeit macht Niklas Schulz zum Thema seines Regiedebüts »eins.eins.null«. Als Grundlage des »theatralen Schlagstockeinsatzes«, wie der 28-Jährige die Aufführung angekündigt hat, dienen Texte der Internetseite »Polizeipoeten«, auf der Beamte über ihren Berufsalltag schreiben, sich mit ihren Erlebnissen literarisch auseinandersetzen oder sich auch nur über den miserablen Einsatzkaffee beklagen, der übrigens in Plastikbechern abgefüllt die Bühne absteckt.

 

Die Erzählungen der Polizisten werden aus dem Off eingespielt, mitunter eingebettet in Sounds und Klangatmosphären. Dazu inszeniert Schulz eine Performance des Ensembles, das die geschilderten Szenen eindrücklich mal mit Schlägen und Tritten tanzt oder spielt.

 

Das Ergebnis wiederum greifen drei Schauspieler auf, wechseln dabei gekonnt zwischen lockerem Plauderton und handfester Diskussion: »A.C.A.B. – All Cops Are Bastards«, ist hier nur vordergründig die Frage, denn Schulz sucht die psychologische Annäherung an den »Menschen hinter der Uniform.«

 

Das ist an sich natürlich in Ordnung, doch was schafft es an Erkenntnis? Weder Leichenteile von Bahnschienen entfernen zu müssen, noch staatliche Interessen auf einer Antiatomkraftdemo durchzuknüppeln, obwohl man selbst gegen Atomkraft ist, sind Garanten für die Zufriedenheit im Job.

 

Spannender als Text­re­pro­duktion zu betreiben, hätte es sein können, die Ausein­andersetzung mit Polizisten direkt auf die Bühne zu holen: Wie gehen die um mit dienstlichen Empfehlungen à la »Mal draufhauen, mal wegsehen«? Wie ist man gefeit gegen den Wildwuchs der Macht?

 

Mindestens so viele Gedanken wie über Machtlosigkeit muss man sich über den Machtmissbrauch machen, wenn man Prinzipien wie gesellschaftliches Miteinander, Macht und Recht ausloten möchte. Die mangelnde Haltung kehrt dann zum Ende das Ensemble mit einer Besenchoreographie unter den Teppich. Das ist charmant, aber mehr Tiefe hätte trotzdem gut getan.