Ewig dissident, ewig jung

Kim Fowley geht unbeirrt seinen Weg in die musikalische Wildnis

Seit Kim Fowley 1965 über seine LSD-Erfahrungen ein Stück namens »The Trip« schrieb, ist er von selbigem nicht mehr runtergekommen. Die Haltung des Dandys hat er sich dabei immer bewahrt. Was er seit Jahrzehnten macht, ist nicht in Kategorien fassbar, vielleicht könnte man den 72-Jährigen als das Bindeglied zwischen Frank Zappa und David Bowie beschreiben.

 

Musikalischer Freistil

 

Fowleys Arbeiten als Produzent und Songwriter sind legendär. Er hat die ersten Demos mit Jonathan Richman und den Modern Lovers und die B-Seite der ersten Soft-Machine-Single aufgenommen, die Runaways, die Seeds und zig andere Bands produziert und Songs für Künstler wie The Byrds, Leo Kottke und Kiss geschrieben. Zudem ist er beim ersten Album von Frank Zappa zu hören.

 

Auf seinen eigenen Platten durchpflügte Fowley ganz unterschiedliche Genres: Garage und Psychedelic auf »Outrageous« und »Love is Alive and Well« (beide 1968), Glam auf »International Heroes« (1973), Disco und Synth-Punk auf »Snake Document Masquerade« (1979) und New Wave auf »Son of Frankenstein« (1981).

 

In den 90er Jahren verfolgte er weiter seinen Freistil: von einer Zusammenarbeit mit den Stuttgarter Krautrockern Metabolismus auf dem Album »Sounds of an Empty Room« (1992) über Dance-Beats auf »Let the Madness In« (1995) bis zu Experimenten mit Drum’n’Bass auf »The Trip of a Lifetime« (1998). Es sind allesamt Geniestreiche, getragen von anarchistischem Geist und einem Gespür für großartige Popmelodien.

 

Selbstinszenierung als sympathischer Exzentriker

 

Seit ein paar Jahren macht Fowley verstörende Experimentalfilme mit Halbwelt-Darsteller­innen, geht mit seinen Glam-Vogue-Shows auf Tour und verkündet schlechte Nachrichten aus »Darkville USA«. Sex, Tod, Religion und Drogen sind die Kontanten in diesem morbid-grotesken Kosmos, stets gepaart mit einem beißenden Transgressive-Humor. Fowley ist je nach Blickwinkel das schlechte oder das gute Gewissen des Musikgeschäfts.

 

Bei all dem ist erstaunlich, dass dieser Exzentriker, der immer unter Strom zu stehen scheint und der für seine wilden Beschimpfungen bekannt ist, ungemein sympathisch wirkt. Das mag an seiner überbordernden Lebenslust liegen, seinen Humor hat er auch nach etlichen Krebs-Erkrankungen nicht verloren: Im Gegenteil, er kokettiert seit Jahren damit, dass sein nächster Auftritt sein letzter sein könne.

 

Was genau Fowley gemeinsam mit seiner Partnerin, der Domina Snow Mercy, im King Georg bei seinem aktuell einzigen Termin in Deutschland veranstalten wird, ist ungewiss. Gewiss ist nur, dass das Publikum aufgefordert ist, Musikinstrumente mitzubringen, um Teil dieses Happenings zu werden, und dass der Zeremonienmeister hochenergetisch und mit knorriger Stimme das magische Jenseits des Rock’n’Roll beschwören wird.