Die Ironie des Web 2.0

Occupy Art Cologne:

KHM-Absolventin Karen Elliot ­ver­lost ihren Messeplatz

 

260,60 Euro. Soviel kostet ein Quadratmeter auf der Art Cologne. Eine Investition, die sich rechnen kann, aber gerade für jüngere Galerien unerschwinglich ist: Die Kojengröße beginnt ab 40 qm. Insofern ist es fast eine Provokation, dass die unter dem Pseudonym »Karen Elliot« arbeitende Absolventin der Kunsthochschule für Medien auf ihren Kubikmeter Koje verzichtet und ihn auf Facebook velost.

 

Zwar gelten für die KHM, die schon seit 1997 mit einem Stand auf der Messe vertreten ist, Sonderkonditionen, aber auch hier die Plätze umkämpft: Nur 17 Künstler werden 2012 ihre Arbeiten zum Thema »Densification – Verdichtung« in der Sonderschau zeigen können.

 

Ihren Kubikmeter abzutreten und zudem unter einem Pseudonym zu arbeiten, das seit Mitte der 80er Jahre von mehreren hundert Künstlern und Autoren verwendet wird, war auch für die Künstlerin ein Akt: »Mit der Entscheidung für ein Pseudonym verabschiedet man sich ja von einer individuellen, künstlerischen Identität. Vielleicht hätte ich ja auch gerne meinen Namen in dem Katalog der Art Cologne gelesen.«

 

Um den begehrten Platz zu bekommen, müssen die Teilnehmer sich nicht mit einer künstlerischen Arbeit bewerben, sondern lediglich einen Kommentar auf die Pinnwand posten, in dem sie erklären, was an ihnen special ist. Der Kommentar mit den meisten likes gewinnt.

 

Elliots Arbeit »demokratisiert« Qualitätskriterien und führt den Messebetrieb mit seinen strengen Zulassungsregeln ad absurdum. Kuratiert wird bei »You Are Special« nichts. Ob der Gewinner einfach ein paar Bilder aufhängt oder mit einem subversiven Akt die Aussage von Elliots Kunstaktion bestärkt, liegt nicht im Ermessen der Künstlerin, die sich selbst als Netzaktivistin versteht.

 

Zunächst unter ihrem bürgerlichen Namen als Malerin tätig, entdeckte sie während ihres Studiums das Medium Video für sich, um schließlich mit der Hinwendung zur Netzkunst »die Schwelle zwischen demjenigen, der eine Aussage trifft und demjenigen, der einfach nur konsumiert« aufzuheben.

 

Denn im Internet wird, wenn man ein Bild oder ein Video hochlädt, automatisch jeder Kommentar zum Eintrag Bestandteil der Arbeit. Auch bei »You Are Special« sind die Diskussionen um die Aktion Bestandteil des Werks. Dass Elliot mit ihrem medien- und messekritischen Ansatz selbst in den Fokus der Messe- und Medienöffentlichkeit rückt, ist die typische Ironie des Web2.0: Hier wird jeder subversive Akt der Aneignung schnellstmöglich seiner kommerziellen Verwertbarkeit zugeführt.