W wie ­Winchester

Kunst der Verknappung:

Ein Nachruf auf den Kölner Filmkritiker und Cinephilen Helmut W. Banz

Helmut W. Banz liebte das Kino und die Literatur. Heute hieße man ihn einen Cinephilen – eine Bezeichnung, die ihn befremdete, weil es ihm nicht um die Kunst als solche ging, sondern das Leben, das sich einem durch sie eröffnet.

 

Banz mischte in den 60er Jahren den studentischen Filmclub der Universität zu Köln auf, wurde zu einer treibenden Kraft der bundesrepublikanischen Kinokultur, schrieb für den Kölner Stadt-Anzeiger, als er noch die avanciertes­te Filmseite der Republik hatte, und begründete in den 70er Jahren gemeinsam mit Gerd Berg­hoff und Alice Goetz die Cine­mathek Köln.

 

Als in den späten 90er Jahren von all dem fast nichts mehr übrig war, machte er trotzdem weiter. Nach dem Verenden der Cinemathek trat er dem Filmclub 813 bei und schenkte ihm immer wieder schöne Programme, nebenher überließ er dem Express wöchentlich ein paar Zeilen Esprit. Er versuchte aus den minimalen Möglichkeiten, die ihm verblieben, das Beste zu machen. Denn: Es gab noch so viel zu sagen und zu zeigen. Aufzugeben, und damit den Missverhältnissen Recht zu geben, wäre eitel gewesen und unproduktiv.

 

Helmut W. Banz gehörte als Kritiker-Aktivist zu den prägenden Persönlichkeiten der großen BRD-Kinoära, hatte aber im Gegensatz zu Berghoff, Hans-Chris­toph Blu­menberg und anderen kein Interesse daran, viel Aufhebens von sich zu machen. In der Cinemathek gab Berghoff gern den Grandseigneur, während Banz im Hintergrund stand und sich alles anschaute – amüsiert über das gespreizte Getue, doch froh darüber, dass jemand anders diesen Teil des Jobs übernahm. Banz stand einfach ungern im Mittelpunkt, fühlte sich unwohl vor Publikum. Bei Partys fand man ihn meist in einer Ecke.

 

Helmut W. Banz hatte den Film- und Literaturgeschmack seiner Generation: Er liebte das klassische Hollywoodkino, die Nouvelle Vague, Western, Hardboiled-Krimis und Ernest Hemingway – eine Kunst der Verknappung, die er auch selbst als Autor bestens beherrschte: lakonisch, selbstsicher, sattelfest und behände. Doch war das nicht mehr als eine prinzipielle Verortung, der lateinamerikanische Barock Fernando Birris, die mäandernde Sprache Heinz von Kramers begeisterten ihn genauso.

 

Ein Projekt, über das er noch im Dezember mit mir gesprochen hatte, war eine Hommage an den vergangenes Jahr verstorbenen Universallebensgelehrten, kos­mopolitischen Kunst-Querkopf  und StadtRevue-Autor Tom Hes­terberg, der in den 70ern allerhand Eigensinniges auf Super-8 und 16mm gestaltet, zum Teil aber nicht vollendet hatte. Im Frühjahr wollten wir es angehen.

 

Helmut W. Banz starb am 15. März, er wurde 70 Jahre alt.