Schiffspoller trifft Edelstahl

Freie Kunstszene # 29:

Das Rhenania inspiziert den schönen neuen Rheinauhafen

Im Schatten der Kranhäuser ist der Mensch klein, hier macht Köln einen auf modern. Was 2012 immer noch heißt: eingezäunte Restbaustellen, breite Häuserschluchten, geplant für flanierende Stadtmenschen, die das bei Sonnenschein zuweilen tatsächlich auch tun, von Microsoft und Schokomuseum im Norden bis zum neuen Skaterpark an der Südspitze. Und mittendrin steht eines der ältesten Kunsthäuser der Stadt, inzwischen hübsch saniert, aber doch ein Relikt. 

 

Ein sehr selbstbewusstes, denn das frühere Speicherhaus haben die rund dreißig Nutzer mit Unterstützung des Kulturamts erfolgreich gegen Investoren-Begehrlichkeiten verteidigt. Und damit auch die eigene Geschichte: 1987, nach der gewaltsamen Stollwerk-Räumung, zog eine Gruppe von Künstlern weiter ins Rhenania, erinnern sich noch die Performance-Künstlerin Angie Hiesl oder der Musiker Rainer Linke. Heute, erzählen die Vereinsvorsitzenden Patrizia Marchese und Bernd Arnold, hat sich die Umgebung des Rhenania komplett verändert – und das Atelierhaus selbst entwickelt sich Richtung Kulturzentrum.

 

Diesen Prozess samt Widersprüchen und Nostalgie-Faktor reflektiert die Foto-Ausstellung »Rhenania in[tro]spektion«. Künst-ler des Hauses und Gäste haben auf Einladung von Kurator Johannes Stahl den Blick nach innen und außen gerichtet: rund 300 Fotos entstanden, vom impressionistischen Atelierstillleben über aufgeräumte Architekturaufnahmen bis zur Dokumentation eigens für das Projekt initiierter Aktionen.

 

Sichtbar werden jene geplant oder zufällig entstandenen Situationen, wo alt und neu sich freundlich oder ratlos begegnen. Eiserner Schiffspoller-Pilz trifft Edelstahlgeländer, alte und neue Industrie auf Freizeitkonsum. Im sanierten Rhenania blättert noch die Vergangenheit im Kellergeschoss von den Wänden: auf verschossenem Pink grüßen Reste von Graffiti aus den 80ern, abfotografiert entfalten sie einen eigenen Malerei-Charakter.

 

Das Rhenania ist ein Potenzial für den neuen Rheinauhafen. Statt ihn als »Location« mit austauschbaren Events zu bespielen, könnten die Künstler den öffentlichen Raum mit temporären Projekten beleben – doch den regeln bürokratische Genehmigungshürden. Die »Rhenania in[tro]spektion« findet als Gesamtinstallation in der großen Ausstellungshalle statt. Ob die Hafenbewohner in ihren Luxuslofts sich auch dafür interessieren, was die »Kreativwirtschaft« in der Nachbarschaft so auf die Füße stellt?