Foto: Manfred Wegener

Ab ins Freibad!

Die Kölner Bäderlandschaft erlebt derzeit einen Umbruch: Der Lentpark wurde neu eröffnet, das Zollstockbad generalsaniert, der Umbau des Stadion­bads abgeschlossen. Gleichzeitig erhob sich Protest gegen die Schließung der Bäder in ­Nippes und Weiden. Wir sind rechtzeitig zum Beginn der Freibadsaison auf Inspektionstour gegangen. ­

 

Anja Albert und Hans-Christoph Zimmermann haben Bademeister bei ihrem Beckenrand-Marathon begleitet und sind mit Schulklassen ins Lehrbecken gesprungen. Christian Steigels hat mit dem Autor und Dramaturgen John von Düffel gesprochen, der in seinen Büchern die vielfältigen Welten des Wassers und des Schwimmens beschreibt.

 

Seepferdchen im Öko-Bad

Lentpark und Zollstockbad sind die Flaggschiffe der schönen neuen
Kölner Bäderwelt. Wir haben die Besucher nach ihrer Meinung gefragt

 

Die Wasserbombe war gut platziert. Ein Junge mit verstrubbelten Haaren lacht verschmitzt und taucht schnell unter, seine Mitschülerin im pinkfarbenen Badeanzug, jetzt nass, verlässt flink ihren Platz am Beckenrand und springt hinterher. Lehrerin Heinke Zimmermann lässt einen schrillen Pfiff ertönen und mahnt ihre Drittklässler routiniert zur Ordnung. Die 56-Jährige ist Schulleiterin an der Gemeinschaftsgrundschule Garthestraße in Riehl, so schnell bringt sie nichts aus der Ruhe. 

 

Mittwochmorgen im Innenbereich des neuen Lentparks, der unverwechselbare Geruch aus Chlor, Ammoniak und Gummimatten hängt in der Luft. Es ist schwül, 50 Drittklässler aus der Fledermäuse- und Froschklasse wuseln durch das Lehrbecken.

 

Schwimmteichanlage im Lentpark

 

Seit Oktober 2011 hat das neue Fun-Paradies mit Eisarena, Eishochbahn und Hallenbad geöffnet, Mitte Mai zog auch der Außenbereich mit Freibad nach. Für den Badesee mit 50 Metern Durchmesser, Einer-Sprungbrett und extrabreiter Rutsche im Freibadbereich hat die KölnBäder GmbH eigens einen neuen Namen geschaffen: Schwimmteichanlage.

 

Die Wasseraufbereitung erfolgt rein biologisch über Pflanzen und Bio-Filter, also völlig ohne Chlor. Zum Herbst 2012 soll eine Saunalandschaft das breite Angebot komplettieren. »Gerade unser Freibadbereich ist traumhaft: naturnah angelegt, ökologisch gefiltert, keine Allergiengefahr für Kinder«, schwärmt Mitarbeiterin Marina Demirtzoglou und zeigt auf den See, der in der Sonne smaragdgrün schimmert, die Liegewiesen, das Beach-Volleyballfeld und den Kinderbereich mit Spielgerüst und Matschanlage.

 

Auch Lehrerin Heinke Zimmermann gefällt der begrünte Außenbereich, und auch der helle, vollverglaste Innenbereich mit 25-Meter-Sportbecken, die schön gestalteten Umkleidekabinen mit Spinden in mint- oder dunkelgrün, türkis oder königsblau, die rein gar nichts mehr mit den alltäglichen grauen 70er-Kabinen gemein haben. »Das sieht schön aus, keine Frage«, sagt sie.

 

Pädagogisch problematisch

 

Als erfahrene Pädagogin sieht Heinke Zimmermann aber auch einige Kritikpunkte. Vor allem sei das Lehrschwimmbecken für die Gruppengröße zu klein. »Gerade am Anfang des Schuljahres, wenn es noch mehr Nichtschwimmer gibt, sind die Bedingungen schwierig. Da hatten wir früher im Nippesbad bessere Möglichkeiten«, sagt die Lehrerin von der Riehler Grundschule und blickt auf das rappelvolle Becken, das tatsächlich ein wenig an sommerliches Gedränge in Rimini erinnert. 

 

Vor allem im vergangenen Jahr wurden die drohenden Bäderschließungen in Nippes und Weiden zum politischen Thema. Gegner, die bis zur Schließung Anfang 2012 für den Erhalt kämpften, prangerten das strenge Sparregiment in der öffentlichen Daseinsfürsorge an. Kritikpunkt war, dass mit den Schließungen in Nippes und Weiden sich die KölnBäder GmbH weiter aus den Veedeln zurückziehen und stattdessen verstärkt auf kommerzielle Spaßbäder gesetzt werde.

 

Keine grossen Sprünge

 

Heinke Zimmermann stört aber auch, dass es im 25-Meter-Schimmbecken im Innenbereich keinen Drei-Meter-Sprungturm gibt und auch das Einer-Sprungbrett fehlt. »Wir können hier zwar das Seepferdchen, das Bronze- und Silberzeichen abnehmen. Die Kinder müssen aber zum Springen in ein anderes Bad fahren, und darum müssen sie sich jetzt selbst kümmern«, sagt die Schulleiterin. Die neunjährige Lotte, die »so gerne springt«, hofft auf den Außenbereich: »Vielleicht dürfen wir im Sommer raus, das wäre total schön«, sagt sie.

 

Achim Fischer, Marketingleiter der KölnBäder GmbH, erklärt zur Ausstattung im Lentpark: »Die Unterhaltungskosten für tiefe Becken, die man im Sprungbereich braucht, sind einfach zu hoch«. Der Bedarf sei nicht so groß, sagt er mit Blick auf den Kostendruck. Und die KölnBäder GmbH muss sparen. »Wir sind nach wie vor im defizitären Bereich«, sagt Fischer. 14,6 Millionen Euro Minus waren es 2010. In den Lentpark wurden 28 Millionen Euro investiert.

 

Zudem käme es in Schwimmbädern grundsätzlich zu einem Interessenskonflikt, meint Fischer. Es gebe diejenigen, die Bahnen ziehen möchten und diejenigen, die springen möchten.

 

Mikrokosmos Schwimmbad

 

Aber lebt der Mikrokosmos Schwimmbad nicht genau davon? In öffentlichen Bädern treffen all jene zusammen, die sonst kaum etwas miteinander zu tun haben: Jauchzende Kinder und ehrgeizige Sportler, lärmende Jugendcliquen und ältere Damen, Manager und Arbeitslose, Großfamilien und flirtende Singles, Mütter mit Kindern und Männer mit Bauchansatz.

 

Unverzichtbar zu diesem Mikrokosmos gehört auch der Bademeister. Michael Hanssen ist fast zwei Meter groß und hat so einen guten Überblick über sein Revier. Seit 1994 arbeitet er im Zollstockbad und ist einer von drei Schichtleitern, zu denen sich noch drei weitere Bademeister und fünf Rettungsschwimmer gesellen. Eine stattliche Schar, die seit der Eröffnung des Außenbereichs nochmals aufgestockt wurde.

 

Michael Hanssen kümmert sich neben Technik und Verwaltung vor allem um die Alltags-sorgen der Badegäste: kleine Schnittwunden, zusammengerasselte Köpfe, aber er dient auch einfach als Kummerkasten  — und ganz selten als Lebensretter, wie bei einem Epileptiker, den er vor einigen Jahren aus dem Wasser holen und wiederbeleben musste. Dass Bademeister im Wasser in ihrem Element sind, darf man erwarten, weniger allerdings, dass sie an Land Dauerläufer sind. »Die Aufsicht ist aus wechselnden Positionen zu führen«, erläutert Michael Hanssen und so kommt der 38-Jährige nach einer Schicht auf mehrere Kilometer Laufleistung. Jetzt allerdings — am frühen Morgen — ist er noch in den ersten Runden seines Alltagsmarathons.

 

Spezies Frühschwimmer

 

Sieben Uhr, das ist die Zeit der Frühschwimmer. Bereits um Viertel nach sechs stehen die ersten an den Türen des Zollstockbades. Man grüßt sich, hält ein Verzällche — bevor um 6.30 Uhr die Tür aufgemacht wird. Mit Bargeld zahlt hier kaum jemand, die meisten besitzen eine Platin- oder Golddauerkarte, und nach Münzen für die Umkleidekabinen muss niemand lange suchen.

 

Wer früh schwimmen geht, gehört zu einer besonderen Spezies. Am »Prêt-à-porter der Körper«, wie der Schriftsteller John von Düffel es nennt, hat hier sowieso niemand Interesse. Freaks mit dem Bedürfnis nach Abhärtung sucht man unter den Frühschwimmern auch vergeblich. Es ist eine bunte Mischung, die hier zwischen dem Wunsch nach körperlicher Fitness, morgendlichem Adrenalinstoß und meditativem Alltagsbeginn ihre Bahnen zieht. Darunter Mitglieder aus allen  gesellschaftlichen Bereichen, Studenten, Hausfrauen, Handwerker, Ingenieure, Professoren. Oder Rentner wie Richard Wischeropp. 

 

Die Haare gescheitelt, goldenes Brillengestell auf der Nase schwimmt der 83-Jährige ruhig im Sprungbecken. Seit 16 Jahren besucht er das Zollstockbad, immer Montag und Donnerstag und immer früh morgens. »Dann hat die Frau das Badezimmer«, sagt er trocken. Früher sei er häufiger gegangen, doch die Preiserhöhung habe ihn gezwungen, seine Besuche zu reduzieren. Bevor er 1991 in Rente gegangen ist, arbeitete Richard Wischeropp als Metzger. Ski- und Schlittschuhlaufen, das waren früher seine Sportarten, jetzt geht er schwimmen und macht regelmäßig Gymnastik, um sich fit zu halten.

 

Fitness ist auch der Grund für Verena Kleins Besuche im Zollstockbad. Die Human Ressources Managerin kommt regelmäßig vor der Arbeit. »Das Laufen ist eigentlich mein Schwerpunkt«, sagt sie. Bevorzugte Disziplin: Marathon. Um ihre Muskeln zu entlasten macht sie Aquajogging. Verena Klein liebt die gute Stimmung im Bad am frühen Morgen: »Alle sind so friedlich«, sagt die 31-Jährige.

 

Erfolgreiche Wiedereröffnung Zollstockbad

 

Derzeit ist der Andrang in den Becken des Zollstockbads besonders groß. Nicht nur weil das Agrippabad am Neumarkt saniert wurde; die Neugier auf das im Februar wieder eröffnete Zollstockbad lässt nicht nach. 12?000 Besucher wurden im April gezählt, Tendenz steigend. Badleiterin Andrea Kierzeck erwartet durch das benachbarte familienfreundliche Neubaugebiet »Vorgebirgspark« noch einen weiteren Schub.

 

Fast zwei Jahre hat die Sanierung gedauert und 8,1 Millionen Euro gekostet. Der alte Trakt mit den schäbigen Massenumkleideräumen wurde komplett erneuert. Jetzt strahlen die Einzel- und Gruppenkabinen in elegantem Anthrazit, kombiniert mit Orange und Rot. »Die Farben sind super«, begeistert sich auch Richard Wischeropp für die neue Ästhetik

 

Neben Umkleideräumen, Technik und Klimaanlage wurde auch der Außenbereich umgestaltet. Das große Becken wurde mit einer Edelstahlwanne versehen und im Sprungbereich vertieft. Der Wermutstropfen: Etwa ein Viertel der Wasserfläche musste zugunsten eines neuen Vierjahreszeitenbeckens aufgegeben werden, dessen Größe allerdings Bahnenschwimmen nicht zulässt. »Die Wasserfläche muss optimal genutzt werden«, erläutert der Marketingleiter der Köln-Bäder GmbH Achim Fischer mit Blick auf die wirtschaftliche Lage.

 

Fehlt noch: Die alten, außen gelegenen Umkleidekabinen könnten noch einen Anstrich gebrauchen, die unbehandelten, herunter gekommenen Betonwände passen nicht zu dem schicken neuen Wohlfühlbad — für einen oder zwei Eimer Farbe dürfte es bei der KölnBäder GmbH noch reichen.

»Ich weiß erst, wie es mir geht, wenn ich im Wasser war«

Ein Gespräch mit dem Schriftsteller und Dramatiker John von Düffel

 

StadtRevue: Herr von Düffel, was verbindet Schreiben und Schwimmen?

 

Von Düffel: Vor allem die Langstrecke hat viel mit Schreiben zu tun. Das fängt bei der Überwindung an, sich darauf einzulassen, auf alle Unwägbarkeiten. Es gibt Parallelen in der Hinsicht, wie man sich durch die Ängste und die Schwierigkeiten hindurchbewegt. Auch in Sachen Kondition und Disziplin, die man dabei entwickelt, gibt es eine Menge Analogien.

 

»Früher fand ich keine Ruhe, bevor ich nicht täglich mindestens zwei oder drei Kilometer Wasser niedergekämpft hatte«, schreiben Sie in ihrem Essay »Schwimmen«. Woher kam diese Unruhe?

 

Man kann da ruhig noch im Präsens sprechen, denn das Schwimmen ist immer noch meine liebste Form von Bewegung. Diese Leichtigkeit, dieses Aus-der-Welt-Sein. Man lässt viel hinter sich — an Gewichten, ganz buchstäblich gesprochen, aber auch an Alltag. Man ist ja der Schwerelosigkeit nahe.

 

Schwimmen hat also auch einen therapeutischen Effekt?

 

Man wechselt die Welten, wenn man ins Wasser geht. Dadurch relativiert sich vieles. Was vor dem Schwimmen schlimm und schwierig war, erscheint auf eine machbare Größe zusammengeschrumpft. Weniger mystisch kann man sagen: Man erfährt eine Zurüstung durch die Selbsterfahrung. Für mich persönlich ist das Privileg beim Schwimmen die Einsamkeit, die Selbstüberlassenheit. Ich weiß erst, wie es mir geht, wenn ich im Wasser war. Das Wasser spiegelt mich. Das gibt es in dieser Klausurhaftigkeit, dieser Zurückgeworfenheit auf sich selbst nirgendwo anders.

 

Würden Sie sich als schwimmsüchtig bezeichnen?

 

Man kann das Wort Sucht gerne gebrauchen, aber nicht in einem selbstzerstörerischen Sinne, wie bei Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit. Eher als Leidenschaft, aus der man gedanklich erneuert hervorgeht. Es gibt ja nicht umsonst in der Bildenden Kunst das Motiv des Jungbrunnens.

 

Sie streben beim Schwimmen »Wassergleichheit« an, schreiben Sie.
Wie erreicht man das?

 

Das ist eine Verschmelzungserfahrung. Gerade in der Wiederholung liegt etwas Meditatives. Und irgendwann erreicht man dann das Gefühl, mit dem Wasser zu schwimmen statt gegen es zu kämpfen. Ein Flow, würde man neudeutsch sagen. Es entsteht eine Einheit aus Schwimmen und Geschwommen-Werden. Man hat das Wasser auf seiner Seite.

 

Dieser Rausch stellt sich aber doch bei allen Ausdauersportarten ein. Ich habe darüber mal mit einem Marathonläufer diskutiert. Es stimmt, bei jeder Form von Ausdauersport werden an einem gewissen Punkt körpereigene Morphine freigesetzt, dann gibt es ein Hochgefühl durch die Kontinuität von Bewegung. Der wesentliche Unterschied ist aber: Der Läufer kann aufhören und verschnaufen, wenn er nicht mehrweiter kann. Der Schwimmer, zumal wenn er in freien Gewässern unterwegs ist, ertrinkt. Das Wasser als Element ist immer auch etwas Fremdes. Wir besiegen jedes Mal unsere Angst, wenn wir darin bestehen. Zugespitzt ist das Schwimmerlebnis höher zu veranschlagen, weil man zumindest andeutungsweise mit seinem Leben spielt.

 

Es geht also immer auch um die Überwindung eines Elements?

 

Es heißt ja, dass die Kultivierung des Menschen mit dem Beherrschen des Feuers einherging. Dieses prometheische Gefühl gilt auch fürs Wasser. Die Römer zum Beispiel hatten das geflügelte Wort »Er kann weder Schwimmen noch Lesen«. Um als vollwertiges Mitglied einer Bildungsgemeinschaft akzeptiert zu werden, musste man beides können.

 

Wo kommt ihre persönliche Schwimmleidenschaft her?

 

Das hat ganz banal damit zu tun, dass die unbeschwerte Zeit in meiner Kindheit, die Urlaube, immer mit Schwimmen verbunden waren. Ankommen war auch immer ein Ankommen im Wasser. Vor allem nach den zumindest in meiner Generation ja fast traumatischen Erlebnissen der langen Italienfahrten: Wenn man damals 20 Stunden im vollgerauchten Pkw ohne Sicherheitsgurt auf dem Rücksitz saß und dann völlig vermufft und erschöpft, mit massenhaft Butterbroten im Magen ausstieg und ins Wasser sprang, wusste man, warum man das auf sich genommen hatte. Auf der anderen Seite hat mich das Schwimmen auch kulturgeschichtlich interessiert. In unseren Breiten war mit dem Einzug des Christentums das Schwimmen aufgrund seiner Körperlichkeit, seiner Sinnlichkeit und seiner Nacktheit erstmal eine Weile sehr verpönt. Es waren dann die leicht spleenigen englischen Aristokraten, die im 19. Jahrhundert das Schwimmen wieder entdeckt haben. Noch dazu in den kalten Gewässern Englands. Aber die haben ja auch das Bergsteigen erfunden, obwohl sie kaum Berge haben.

 

Auch der englische Dichter Lord Byron war ein begeisterter Schwimmer. Lord Byron hatte zu kurze Achillesfersen. An Land konnte er nur tippeln, wie auf hohen Schuhen. Im Wasser war er ein souveräner Schwimmer, der ja 1810 auch den Hellespont in der Türkei durchschwommen hat. Das war damals ungeheuerlich. Oder die Durchschwimmung des Ärmelkanals durch Kapitän Matthew Webb, der 1875 brustschwimmenderweise fast 22 Stunden gebraucht hat. Webb hat das als erster Mensch geschafft, und danach stand in London für einen Tag die Börse still. Das war ein solches Ereignis, dass man diese Trennung zwischen Kontinent und Insel als Mensch mit eigener Kraft überwinden kann.

 

In einer ihrer Kolumnen fabulieren Sie auch über das Geschlecht des Wassers.
Sind Sie zu einem Ergebnis gekommen?

 

Der Rhein ist auf jeden Fall männlich, die Elbe ist nicht nur dem Namen nach weiblich, die empfinde ich auch als weiblichen Fluß. Wolfgang Borchert hat sie als die brave Proletarierin dargestellt, während der Vater Rhein der erhabene, breite und auch ein wenig bedrohliche Vaterfluss ist. Schwimmbadwasser dagegen ist das personifizierte Neutrum. Das ist völlig geschlechtslos. Schlicht: das Wasser.

 

Man merkt schon — Schwimmbäder sind nicht ihr bevorzugter Ort.
Sie schimpfen über das »Massenbad der Elefanten in der Pfütze«.
Warum? Und: Ist das immer noch so?

 

Ich ziehe das freie Gewässer vor. Das Schwimmen im Bad ist eine entfremdete Form. Man muss aber auch sagen: Die Kultur hat sich verbessert, auch der Umgang mit den Gästen. Die Bademeister heute sind etwas freundlicher als die, die ich noch aus Schulzeiten kannte. Mittlerweile habe ich auch meinen Frieden mit dem Geruch von Chlor gemacht. Aber die natürlichen Gerüche eines Flusses, eines Sees, eines Meers sind dem immer vorzuziehen.

 

Wie riecht denn der Rhein?

 

Sehr unterschiedlich. In Basel hat er noch die grüne Frische eines aus vielen Gebirgsbächen zusammenfließenden Gewässers. Insgesamt ist der Rhein besser als sein Ruf. Wenn man in der Höhe von Bonn oder Köln schwimmt, dominiert eher Schiffsdiesel.

 

In einer anderen Kolumne geht es um die Frage: Bad oder Bühne?

 

Das kennt man auch hier in Köln. Der Bezirksbürgermeister von Nippes schimpfte unlängst im Interview, dass ein Platz in der Oper mit 165 Euro bezuschusst wird, im Nippesbad dagegen gibt es fünf Euro pro Person. Für mich als Dramatiker und Schwimmer ist dies das auf den Punkt gebrachte Dilemma: Das eine wird gegen das andere ausgespielt. Beides gehört zum Minimum kultureller Lebensqualität. Aber man kann ja schlecht die Theater fluten und das Problem damit lösen, dass man beim Schwimmen Theater guckt.