Mehr als die Ehefrau von Max Ernst

Jeder kennt Max Ernst. Aber Luise Straus? Dabei verschaffte Sie dem später weltberühmten Surrealisten den Zutritt zur Kunstszene. »Max profitierte sehr davon, dass Luise viele Leute in Köln kannte und eine große Wohnung hatte, in der die Dada-Soireen stattfinden konnten«, erzählt Professor Jürgen Wilhelm, Mitherausgeber des Sammelbandes »Eine Frau blickt sich an«, in dem man erstmals Zeitungstexte von Straus aus den Jahren 1933 bis 1941 nachlesen kann. 

 

Straus selbst hat ihre Rolle in der rheinischen Dada-Bewegung später oft kleingeredet. Dabei war »Lou« eine emanzipierte und gebildete Ausnahmeerscheinung im männerdominierten Kulturbetrieb ihrer Zeit. 1893 als Tochter eines jüdischen Hutfabrikanten in Köln geboren, schloss sie als eine der ersten Frauen Deutschlands ihr Kunstgeschichtsstudium 1917 mit einer Promotion ab.

 

Max Ernst hatte sie beim Zeichenunterricht kennengelernt. Obwohl die Eltern beider Seiten gegen die jüdisch-katholische Verbindung waren, heiratete das Paar gleich nach Kriegsende 1918. Zwei Jahre später wurde Sohn Jimmy geboren. Doch das Eheglück währte nur kurz, weil Max Ernst sich in Gala verliebte, die »männerverschlingende« Ehefrau seines Dichterfreundes Paul Éluard. Schon 1922 trennte er sich wieder von Luise, die sich von da an allein mit Jimmy durchschlagen musste. 

 

Trotz der sozialen Ächtung aber schaffte es die alleinerziehende Mutter, sich zur anerkannten Kunstkritikerin hochzuarbeiten. Nach 1933 jedoch wurde die Lage für Straus als Jüdin so bedrohlich, dass sie vor den Nazis nach Paris floh. Hier musste sie sich journalistisch noch einmal völlig neu erfinden. Und schrieb nun Feuilletons über vielfältige Themen: einen Atelierbesuch bei Le Corbusier, den Autoverkehr oder auch die Launen der Liebe. Daneben sind es oft gerade die gestrauchelten Glückssucher, die sie durchaus selbstironisch porträtiert.

 

Ihr eigenes Risiko hat sie wohl  lange unterschätzt. Als sie 1939 endlich nach Südfrankreich flieht, ist es bereits zu spät. Ihr Antrag auf ein USA-Visum wird abgelehnt. Die Hilfe des emigrierten Max Ernst will sie nicht annehmen. So taucht sie beim Schriftsteller Jean Giono unter, wird aber im April 1944 verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Fünf Wochen, bevor die Alliierten in der Normandie landen.