Exoten, Kurzblüher und verlässliche Stauden

Mit der 30. Folge endet unsere »off space«-Serie.

Was hat sich seit dem Start im Juli 2007 in der jungen Kölner Szene getan?

Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Zu konstatieren ist nach fünf Jahren eine für nicht-kommerzielle Räume durch­aus übliche Fluktuation: Mancher trauert seinem ganz persönlichen Lieblingsort nach, dem legendären Blast, der vielbespielten Halle Zehn, dem feinen Programm von Zero Fold.

 

Doch die überwiegende Mehrzahl der von uns vorgestellten Initiativen macht munter weiter, manche sogar mit frisch aufpolierten Ausstellungsräumen wie das grundsanierte rechtsrheinische Kunstwerk oder das Rhenania, mancher in neuer Rolle wie die Mitbegründerin von Blast Charlotte Desaga – mit einer eigenen Galerie.

 

Bestandsaufnahme Kölner Szene

 

Bekanntlich garantiert ein schöner Raum noch kein spannendes Programm, und so lassen die erhofften neuen Impulse manchmal auf sich warten. Der BBK im Stapelhaus an der Frankenwerft immerhin macht endlich einen Schritt nach vorn: Nach dem überraschenden Auftritt der internationalen Stipendiaten aus dem Opekta-Gastatelier (bis Ende Juli) ist in der weitläufigen Halle des BBK für Herbst eine Kooperation mit Heike Ander geplant, die neben dem »Glasmoog«, dem hauseigenen Ausstellungsraum der KHM, zur Zeit auch die ehemaligen Galerieräume von Christian Nagel bespielt. 

 

Wenn nicht in den freien Projekträumen, wo sonst ist man so direkt am Puls des aktuellen Diskurses, der auf Austausch und Networking angewiesen ist? Da erscheint es als probates Mittel gegen ermüdende Routine, wenn sich als Vereine organisierte Betreiber regelmäßig durch Wechsel in ihren Vorständen verjüngen. Das funktioniert bei der ältes­ten Kölner Off-Institution, der Simultanhalle am Volkhovener Weg, die im kommenden Jahr ihr 30-jähriges Jubiläum feiert, ebenso wie beim schon seit 2000 unermüdlich rührigen kjubh e.V. in der Dasselstraße. 

 

Das Phänomen vagabundierender Kunsttrupps gehört ebenso zum breiten Spektrum heutiger kuratorischer Aktivitäten wie das Experimentieren mit neuen Formaten und Vermittlungsformen. Während Maria Wildeis seit April unter dem Label Honigbrot in ihr Wohnzimmer einlädt, mutiert unter der Regie von Petra Johnson ein Kiosk in der Landmannstr. 8 zum Kiosk Art Exchange, unter dem Vorzeichen der Städtepartnerschaft zwischen Peking und Köln – Kostproben chinesischer Kultur zwischen Bier und Zigaretten. Unterdessen planen die Kunstaktivisten vom Cat Cologne e.V. ein Cometogether-Projekt mit dem Jugendzentrum Glashütte in Köln-Porz zum Thema Umweltschutz. 

 

Zu beobachten ist, dass die rasante Entwicklung der Kommunikationsformen der Vermittlungsarbeit neue Wege eröffnet. Durch Facebook oder Twitter werden Termin und Örtlichkeit kurzfristig und gezielt in Umlauf gebracht, so dass ein fester Standort nicht mehr unbedingt notwendig erscheint. Der hohe Kosten- und Zeitaufwand eines ständig zu besetzenden Raumes wird einge­spart zugunsten einer effektiven Öffentlichkeitsarbeit, die per E-Mail, einer top-aktuellen Website und kurz getakteter Postings für Aufmerksamkeit sorgt.

 

Die Identifikation mit dem Ort verschiebt sich auf das Programm – es steht für eine spezifische Haltung und ist eng mit den Personen dahinter verbunden. Kooperationen und der Austausch mit Musiklabels, Verlagen, Blogs erweitern den Radius und erhöhen die Effizienz.In diese Richtung orientiert sich auch Birgit Laskowski, die nach der Schließung ihres Projektraums Anfang 2012 das Label »Zero Fold« nun in anderer Form weiterführen wird.


Kunstorte in der Stadt

 

Keine Sorge, es wird auch weiterhin feste Räume und lokale Zentren geben. Im urbanen Niemandsland am Südbahnhof sind es gleich zwei neue Kunstorte: Neben dem experimentierfreudigen SSZ sued von Alexander Basile zieht der Krause Kunst Raum im Bahnhofseingang mit einer von der Künstlerin Andrea Morein kuratierten Installationsreihe Kunstszene und Zufallsgäste an.

 

Nicht zuletzt hat sich der Ebertplatz-Underground mit einer sehr lebendigen Szene bestens etabliert: Im charmanten Betonbrutalismus, mit fließenden Übergangen zwischen Passage und Ladenlokalen, produzieren die temporären Aktionen von der Boutique, Bruch & Dallas, Labor oder den PAErsche-Leuten einen kreuz und quer zwischen Medien und Generationen fluktuierenden Mix.

 

Eher als funkelnder Solitär agiert der nagelneue Projektraum OG2, der sich im Obergeschoss des Kölnischen Kunstvereins unter Leitung von Marion Ritter eingenistet hat (die auch den artblogcologne.com betreibt, eine wichtige neue Netz-Plattform der Kölner Szene).

 

All die unterschiedlich akzentuierten Programme haben eines gemeinsam: Die Szene mischt internationale Künstler, auch aus vermeintlich entfernteren Weltgegenden, mit heimischen Gewächsen. Wo dieses fruchtbare Kunstpotential die schönsten, skurrillsten, aufregendsten Blüten treibt, beobachten wir selbstverständlich weiter.