»Ein Spaziergang ist so etwas nicht!«

Rolf Bolwin vom Deutschen Bühnenverein über das Vorhaben,

die Opern von Köln und Düsseldorf zu fusionieren

Der Streit um den Kölner Opernspielplan 2012/13 ist geschlichtet, schon droht neue Unruhe – an mehreren Ecken. Die Auseinandersetzung um die Gestaltung der Spielzeiten 2013/14 und 2014/15 zwischen Stadt und Opernintendant Laufenberg geht weiter (siehe S. 14). Dazu kommen Fusionsspekulationen.

 

Duisburg und Düsseldorf unterhalten gemeinsam die Deutsche Oper am Rhein. Nachdem die Duisburger Verwaltung aus Sparzwang die Auflösung dieser Theaterehe angeregt hatte, brachte Dirk Elbers, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, Köln als neuen Ehepartner ins Spiel. Sein Kölner Kollege Jürgen Roters war so begeistert, dass er sofort  zum Altbiertrinken nach Düsseldorf fuhr?

 

Jedenfalls beauftragten beide ihre Kulturdezernenten, eine Fusion der Kölner und Düsseldorfer Opern zu prüfen. Da juckte es dann auch den Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch, der – inzwischen schon zum zweiten Mal – seine Oper den Kölnern auf dem Silbertablett präsentierte.  Der Geschäftsführer des Deutschen Bühnenvereins Rolf Bolwin erklärt, was von dem Fusionsfieber zu halten ist.

 

StadtRevue: Herr Bolwin, welche Vorteile liegen in einer Opernfusion?

 

Rolf Bolwin: Es gibt zum Beispiel den funktionierenden Gemeinschaftsbetrieb Deutsche Oper am Rhein, der von Düsseldorf und Duisburg getragen wird. Das ist eine gewachsene Struktur, die sich über Jahrzehnte entwickelt und natürlich auch Synergieeffekte erzeugt hat. In Köln und Bonn sind Schauspiel und Oper unter einem Dach zusammengefasst, da entstehen ebenfalls Synergieeffek­te. Wenn zwei Betriebe etwas gemeinsam machen, wird es für beide Teile etwas günstiger, als wenn sie es getrennt machen. 

 

Was muss gegeben sein, dass man zusammengeht?

 

Es muss eine gewisse räumliche Nähe bestehen und es muss sich um in ihrer Größe überschaubare Betriebe handeln.

 

Wie könnte das im Fall der Opern von Düsseldorf und Köln aussehen?

 

Man müsste zunächst bei den Kölner Bühnen Oper und Schauspiel in zwei städtische Betriebe trennen. Das kostet erst einmal etwas. Dann muss für das neue Fusionstheater  Düsseldorf-Köln ein Unternehmen gegründet werden, in der Regel eine GmbH, für die dann eine eigene Verwaltung, eine eigene Bühnentechnik und eigene Werkstätten aufgebaut werden müssen. Dann versucht man, die Mitarbeiter auf dieses Ge­meinschaftsunternehmen über­zuleiten, dazu bedarf es der Zustimmung aller Beschäftigten. Außerdem müssen die Personalräte beider Theater eingebunden werden. 

 

Wie schnell lässt sich das realisieren?

 

Wenn man fusionieren will, muss man sich darüber im Klaren sein, dass beide Betriebe für mindes­tens drei Jahre in einen hochgradig komplizierten Prozess gestürzt werden. Der findet zeitgleich zum künstlerischen Produzieren statt. Man muss zudem wissen, mit welchen Intendanten man das macht. Der Bühnenverein hat mehrere Fusionen begleitet, ein Spaziergang ist das nicht. Die Synergieeffekte in Düsseldorf und Duisburg entstehen zum Beispiel dadurch, dass Duisburg keinen Opernchor hat. Also müsste entweder Köln oder Düsseldorf auf seinen Opernchor verzichten. Das muss man gegenüber der eige­nen Belegschaft, aber auch in der Stadt erst einmal durchsetzen. Die Vorstellung, dass man mit einer neuen Opern-Gemeinschaft zwischen Düsseldorf und Köln die gleichen Potenzen wie in der Deutschen Oper am Rhein weckt, ist ein großer Irrtum. 

 

Welche Rolle spielt die Größe der Häuser?

 

Die Opern in Düsseldorf und in Köln sind zwei Flaggschiffe mit einem Personalbestand von insgesamt rund tausend Mitarbeitern, die sie erst einmal steuern müssen und zwar über zwei Städte hinweg.

 

Wie schnell lassen sich Einsparungen erzielen?

 

Das hängt davon ab, ob man gezielt Personal abbaut oder nicht.  Natürlich kann man versuchen, sechzig Chorsänger zu entlassen. Dann muss man aber wissen, was das bedeutet. Außerdem gibt es juristische Hürden, die schwer zu nehmen sind. Daher wird oft auf natürliche Fluktuation gesetzt:  dass Leute den Betrieb irgendwann freiwillig verlassen. Dann dauert es oft Jahre, bis überhaupt ein Spareffekt bemerkt wird.

 

Köln und Düsseldorf sind rivalisierende Städte.

 

Der kommunalpolitische Wille zu einer Fusion ist das eine, das Kirchturmsdenken aber das andere. Da gibt es Diskussionen, wo die Intendanz, wo die Verwaltung, wo der Operndirektor sitzt. In Altenburg-Gera hat man sich dann sogar über den Namen des Orches­ters gestritten. Ich würde bei Städ­ten wie Köln und Düsseldorf prophezeien, dass es Diskussionen geben wird, wo die Leitung des Hauses sitzt. Es existiert ja ein städtischer Ehrgeiz.

 

Auch Bonn buhlt um die Partnerschaft mit Köln. 

 

Eine Oper Bonn-Köln-Düsseldorf: Da sind wir in einer Größenordnung, die völlig aussichtslos ist! Das Ansinnen von Bonn kann ich kaum nachvollziehen. Man hat mit Bernhard Helmich gerade einen neuen Generalintendanten unter Vertrag genommen, der aus dem Opernbereich kommt. Da kann man nicht zeitgleich sagen, jetzt überlegen wir, wie wir die Oper aus dem Stadttheaterbetrieb herauslösen und mit Köln fusionieren. Man kann über alles reden. Fusionen sind kein Teufelszeug, man muss aber die Konsequenzen bedenken.