Lou Reed – From VU to Lulu

Der Mann ist ein absolutes Ereignis, einfach weil er komische Sachen macht, und zwar permanent. Lou Reed könnte brav alle zwei Jahre ein neues Album abliefern und seinen Superstar-Status verwalten. Tut er aber nicht.

 

Die letzten Jahre hat er mit allerlei hochkulturellen Projekten verbracht, denen aber nichts Gediegenes eignet, vielmehr sind sie ungemütlich, mal prätentiös, mal radikal experimentell, mal bloß wurstig. Oder alles zusammen, wie seine kuriosen »Lulu«-Exkursionen mit Metallica in die Welt sexueller Verstörungen.


Mit Best-Of on Tour

 

Ebenfalls komisch, dass er jetzt schnörkellos mit einem Programm aus, wie nennt es der Veranstalter?, »career songs« auf Tour ist. Also mit einem Best-Of, einer Präsentation seiner Duftmarken, die bekanntlich ganz schön herb riechen können. Aber das wollen wir ja auch.

 

Reed gehört zu den großen Drei – zu der winzigen Elite jener Stars, die »1969« (das Woodstock-Jahr), die 70er, selbst die 80er überstanden haben. Die haben zwar vor vierzig Jahren einen mächtigen Schlag abbekommen, aber der scheint sie eher noch beflügelt zu haben, zumindest hat er ihnen nicht geschadet: Neil Young (baut alte Lincolns zu biologisch voll abbaubaren Fortbewegungsmitteln um), Bob Dylan (konserviert eine aparte Mumien-Gestik) und eben Lou Reed.

 

Schöpfte aus Velvet Underground Fundus

 

1985 erschien »VU«, ein schlicht betiteltes Album mit grandiosen Velvet-Underground-Aufnahmen von 1968/69, die es aufgrund unglücklicher Verkettungen nie auf ein Album zu Lebzeiten der Band geschafft hatten. Aber »VU« war noch aus anderen Gründen eine Überraschung: Da war ja schon der ganze Reed!

 

Auf einmal war klar – über Jahre hinweg bestritt der Meister sein Repertoire mit Songs, die eigentlich für die Velvets geschrieben waren. Irgendwann war der Fundus leer, und die gestern Songs, die noch kamen, reichten selten für die Dauer einer wirklich geilen Platte. Seien wir ehrlich, »Blue Mask« ist sein letztes Meisterwerk: 1982.

 

Aber egal. Als Type hat Reed seine Marotten, sein schlecht gelauntes wie genial hektisches Changieren zwischen Ultra-Minimalismus-Avantgarde und Pop­diventum, verfeinert – perfektioniert. New-York-Besucher berichten von dubiosen Free-Jazz-Trios, denen Reed neuerdings als sensibler Leadgitarrist vorstehen soll.